Wandlitz: Die Sitze in den Fachausschüssen stehen den Fraktionen entsprechend ihrem Stärkeverhältnis in der Gemeindevertretung zu. Ändert sich der Proporz der Fraktionen im Laufe der Wahlperiode z. B. durch Ein- oder Austritte bei den bestehenden Fraktionen oder Neugründungen von Fraktionen, so hat die Gemeindevertretung auf Fraktionsantrag die Neubesetzung zu beschließen.
So will es die Kommunalverfassung. Wie, wann und auf welche Weise dieser Wille umgesetzt wird, hängt nach Auffassung der Verwaltung anscheinend auch davon ab, wer Vor- oder Nachteile aus einer Neubesetzung zieht.
Im Herbst 2021 waren der Fraktion „F. Bg. W“, der der Bürgermeister nahesteht, zwei von vier Mitgliedern abhandengekommen, die sich zu einer neuen Fraktion „Bündnis Klosterfelde“ zusammenschlossen. Damals sah sich die Verwaltung wochenlang nicht genötigt, die Existenz der neuen Fraktion zur Kenntnis zu nehmen. Sie forderte schriftliche Belege für die Ernsthaftigkeit und Dauerhaftigkeit der neuen Fraktion, bevor diese zum Nachteil der geschrumpften Freien Bürgergemeinschaft Wandlitz eine Neubesetzung der Ausschüsse fordern konnte.
Im März 2022 erstarkte die Fraktion Freie Bürgergemeinschaft Wandlitz wieder indem sie nicht nur zwei SPD-Mitglieder, die kurz zuvor die SPD-Fraktion verlassen hatten, sondern – ungefragt – sogar die SPD-Fraktion in ihre Arme schloss. Mit Rat und Segen des Hauptamtsleiters, wie dieser betonte, als der GV-Vorsitzende am 23.03.2022 mündlich in nichtöffentlicher Sitzung über die Existenz einer „Fraktionsgemeinschaft F. Bg. W/SPD“ informierte.
Wie ein Blick in das Ratsinformationssystem der Gemeinde zeigt, hatte die Verwaltung bereits mit Wirkung vom 21.03.2022, also bevor die SPD-Fraktion und die übrigen Gemeindevertreter über irgendwelche Neuerungen informiert waren, Nägel mit Köpfen gemacht oder besser gesagt: diversen Köpfen neue Hüte aufgesetzt. Dort, wo zuvor unter der Rubrik „Herkunft“ die SPD-Fraktion als Entsender eines Ausschussmitglieds genannt war, prangte jetzt, ohne dass sich an der Entsendung tatsächlich etwas geändert hatte, als Entsender die Fraktionsgemeinschaft „FG F. Bg. W/SPD“.
Tatsächlich bilden die beiden verbliebenen Mitglieder der SPD-Fraktion Wandlitz weiterhin eine eigenständige Fraktion und zwar – selbstverständlich – die einzige SPD-Fraktion in der Wandlitzer Gemeindevertretung. Eine Fraktionsgemeinschaft F.Bg.W/SPD hat es niemals gegeben und konnte es auch gar nicht geben. Nicht nur weil eine inhaltsgleiche konkurrierende SPD Fraktionsgründung unzulässig wäre, sondern auch, weil die ausgeschiedenen Fraktionsmitglieder nach eigener Angabe eine solche Gründung gar nicht vorgenommen haben. Obwohl die Fraktion F. Bg. W. nach Aufforderung den Namen SPD aus ihrem Fraktionsnamen wieder entfernt hat, steht die angebliche Fraktionsgemeinschaft der F. Bg. W und der SPD weiterhin im Ratsinformationssystem der Gemeinde. U. a. in der Liste der Fraktionen und in den Angaben zu den Gremienmitgliedern.
Bemerkenswert an den Vorgängen, die ansonsten hier nicht kommentiert werden sollen, erscheint das Selbstverständnis des Vorsitzenden der Gemeindevertretung und des Hauptamtsleiters, das in ihrem Umgang mit dem Sachverhalt zum Ausdruck kommt.
Wie schon zuvor bei der Behandlung ihm übergebener Dienstaufsichtsbeschwerden, scheint sich der Vorsitzende nicht als Empfangsbevollmächtigter der Gemeindevertretung mit entsprechender Pflicht zur Offenbarung zu verstehen. Ob und welche der ihm als GV-Vorsitzendendem zugegangenen Mitteilungen er der Gemeindevertretung zu offenbaren hat, scheint er seiner eigenen Entscheidungsbefugnis und der des Hauptamtsleiters zuzuordnen. Eine Richtigstellung dieser Fehleinschätzung seitens der Verwaltung scheint es bislang nicht zu geben. Jedenfalls werden wiederholte Aufforderungen der SPD-Fraktion zur Kenntnisgabe sämtlicher schriftlicher Erklärungen, die im Zusammenhang mit der anstehenden Neubesetzung der Ausschüsse stehen, vom GV-Vorsitzenden mit Hinweis auf eine Bearbeitung durch den Hauptamtsleiter ignoriert.