Eberswalde: Bereits zum 23. Mal lud die Hoeck-Stiftung am 20. Mai zur Veranstaltungsreihe „Diplomatischer Salon – die Welt zu Gast in Eberswalde“, diesmal mit Auðunn Atlason, dem Botschafter Islands als Gesprächspartner. Der Vorsitzende der Hoeck-Stiftung und FDP-Kommunalpolitiker Martin Hoeck begrüßte die über 90 Gäste in der Stadtbibliothek Eberswalde. In den mehr als 90 Minuten des internationalen Austausches standen die Herausforderungen der Weltpolitik, die Resilienz der isländischen Wirtschaft und die besondere Rolle des Inselstaats im Bereich der Geschlechtergerechtigkeit im Vordergrund. Aber auch die Zusammenarbeit mit Deutschland und der EU kam nicht zu kurz.

„Wir sind nicht die Schlechtesten“, mit diesen Worten begann der Botschafter augenzwinkernd seine Ausführungen zur isländischen Mentalität. Die Eberswalder erinnerten ihn etwas an seine Heimat und die sehr fröhlichen, wenn auch oft pessimistischen Isländer. Die nordatlantische Insel zählt lediglich 390.000 Einwohner und wird von den Deutschen als Reiseziel sehr geschätzt, mehr als 130.000 deutsche Touristen besuchten Island im Jahr 2022, die Tendenz steigt.[1][1] Als Mitglied der NATO, Teil des nordischen Rates und seit 1994 Teil des Europäischen Wirtschaftsraumes der EU stellt Island die internationale Zusammenarbeit, nicht nur touristisch, sondern auch im Handel wie in der politischen Positionierung in den Vordergrund. Die Beziehungen zu den skandinavischen Ländern und den Briten sind naturgemäß gut, was von den USA dieser Tage außenpolitisch zu erwarten ist könne man nur abwarten. „Einige Isländer waren schon enttäuscht, dass Präsident Trump nur Grönland haben möchte, aber anscheinend an Island kein Interesse zeigt.“, sagt der Botschafter scherzend.
Von Island abgucken kann man sich Vieles, das Land setzt durch den Vulkanismus vielerorts auf geothermale Energiegewinnung und versorgt sich fast vollständig erneuerbar, der Global Pension Index führt Island als das zweitbeste Rentensystem der Welt. Zugegeben, eine sehr hohe Messlatte, also warum nicht mit den kleinen Dingen anfangen: „Als Kommunalpolitiker finde ich die Sitzordnung im Parlament zum Beispiel sehr interessant“, sagt Martin Hoeck. Fraktionen gibt es im Althing zwar auch, jedoch sitzen die 63 Abgeordneten nicht blockartig in ihren Fraktionen zusammen, sondern werden stattdessen jedes Jahr einmal per Los zufällig durchmischt. „Und da ist es sehr wahrscheinlich, dass man eben nicht neben seiner Parteifreundin, sondern vielleicht neben seinem ärgsten politischen Gegner sitzen muss. Toleranz ist das Stichwort.“, so der Vorsitzende der Eberswalder Stadtverordnetenversammlung.
Und auch bei der Gleichstellung von Männern und Frauen bleibt es nicht bei Worten. Die Ministerpräsidentin, die Präsidentin, die Bischöfin des Landes, die Bürgermeisterin der Hauptstadt Reykjavik: allesamt Frauen. Und auch die drei Parteien der Regierungskoalition werden von Frauen geführt. Kein Land steht so für Geschlechtergleichheit wie Island. Und auch LGBTQIA+ Rechte werden rechtlich wie gesellschaftlich hochgeachtet und international verteidigt. Der Botschafter warb ausdrücklich für Toleranz der queeren Community gegenüber.
Der Diplomatische Salon hat sich als Veranstaltungsreihe der Hoeck-Stiftung seit 2015 in Eberswalde etabliert und erfreut sich immer wieder großen Interesses.
[1][1] https://nordiccollection.eu/de/blog/2023/11/13/deutschlands-reiselust-island-wird-immer-beliebter/