Warnung vorab:
Man sollte sich diesen – wirklich guten – Film nur in seelisch ausgeglichenem Zustand und mit hellwachem Verstand ansehen und man sollte danach genügend Zeit haben, die gewonnenen Eindrücke zu „verdauen“.
Hauptdarstellerin ist ein fast zehnjähriges Mädchen mit dem Jungennamen Benni , das nach üblichem Sprachgebrauch verhaltensgestört ist. Der Zuschauer erlebt immer wieder neue Situationen, in denen das Mädchen ausrastet, Tobsuchtsanfälle bekommt, randaliert, gewalttätig wird und unberechenbar reagiert. Der Zuschauer erlebt Benni aber auch als liebes, freundliches Mädchen, das sich nach seiner Mutter sehnt, sich rührend um kleinere Kinder kümmert und auch brav Pflichten im Haushalt übernimmt – bis zum voraussehbaren nächsten Ausraster.
Weder die Mutter, noch die Klassenlehrerin, der Schulbegleiter, die vielen Heimerzieher noch Polizeibeamte werden mit Benni fertig. Mehrfache Wechsel zwischen verschiedenen Heimen und Wohngruppen mit professioneller Betreuung, die Fixierung auf einer Liege, die medikamentöse Ruhigstellung, selbst ein längerer Aufenthalt mit einem einzelnen Erzieher in einer Waldhütte bringen Abhilfe. Der Film beantwortet keine Fragen, weder die Frage nach der medizinischen Diagnose noch die Frage, ob es solche Kinder wirklich gibt und schon gar nicht, welches System solche abnormen Verhaltensweisen hervorbringt. Es gibt sie, wahrscheinlich in zunehmender Zahl! Der Film wäre wohl nicht gedreht worden, wenn das alles erfunden ist. Er beruht tatsächlich auf wahren Begebenheiten, hier konzentriert und fokussiert auf eine einzelne Person, das Mädchen Benni. Der Umgang mit solchen Kindern ist Alltag vieler Lehrer und Erzieher, die vermutlich nicht alle so vorbildlich und professionell arbeiten können wie die Betreuer und Erzieher von Benni.
Der Film handelt nicht von einer Ausnahme. Er spricht ein gesamtgesellschaftliches Problem an. Nur die Beratung des Filmteams durch eine große Zahl von Psychiatern, Psychologen und Pädagogen – alle sind im Abspann namentlich aufgeführt – hat diesen Film erst möglich gemacht. Und wie soll dieses Problem gelöst werden? Einer von Bennis Erziehern hat es im Film so gesagt: Je älter solche Kinder werden, umso härter werden die Erziehungsmaßnahmen (besser wohl wenig erfolgreichen Erziehungsversuche) sein. Dem Zuschauer wird klar: Irgendwann werden aus verhaltensgestörten Kindern dann verhaltensgestörte, unberechenbare Erwachsene und einige von ihnen, es gibt genügend Beispiele, sogar Politiker. Die von solchen Menschen ausgehenden Gefahren sind absehbar und nur schwer abzuwenden.
Jedenfalls braucht es hier Ideen, Kraft und auch Geld. Und das ist, im Film und auch in der Realität, die „zündende“ Idee: Erziehungscamp in Afrika. Benni sei dafür zwar – eigentlich – noch zu jung, aber die Entscheidung fällt für Kenia. Wir erleben, wie Benni ihren Betreuern auf dem Flugplatz einmal mehr ausbüxt. Wir sehen, wie alle rennen, Benni mit weit ausgebreiteten Armen stürzt(?) und schließlich eine gesprungene Glasscheibe – Ende!