Als engagiertes Mitglied der Partei Volt war ich in den letzten Monaten Teil einer intensiven und lehrreichen Erfahrung: dem Sammeln von Unterstützungsunterschriften. Um bei der Bundestagswahl in Brandenburg auf dem Wahlzettel zu stehen, mussten wir als Partei 2000 gültige Unterschriften sammeln. Für mich persönlich, als Direktkandidat im Wahlkreis 59, kamen noch einmal 200 Unterschriften hinzu. Doch die Herausforderung wurde durch die vorgezogene Bundestagswahl am 23. Februar 2025 noch größer.
Die Kurzfristigkeit der Entscheidung zwang uns, schnell zu reagieren. Zwar wurde die Sammelzeit von der Bundesregierung verlängert, doch sie fiel genau in die kalte, nasse und graue Jahreszeit. Was sich zunächst nach einer lösbaren Aufgabe anhörte, entpuppte sich als echter Kraftakt – und als Lektion in Sachen Bürgernähe, Demokratie und Beharrlichkeit.
Die Herausforderung: 150 Mitglieder, 2000 Unterschriften – mitten im Winter
Mit nur 150 Mitgliedern in ganz Brandenburg zählt Volt zu den kleineren politischen Parteien in der Region. Unser Ziel war es, 2000 Unterschriften für die Parteizulassung zu sammeln – eine beeindruckende Aufgabe für eine so kleine Gruppe. Für mich persönlich kam die zusätzliche Herausforderung hinzu, 200 Unterschriften in meinem Wahlkreis 59 zu sammeln, um als Direktkandidat antreten zu können.
Diese Aufgabe wäre unter normalen Bedingungen bereits schwierig gewesen. Doch durch die Vorverlegung der Bundestagswahl hatten wir noch weniger Zeit zur Verfügung, uns vorzubereiten. Obwohl die Sammelfrist verlängert wurde, bedeutete dies nicht weniger Druck: Wir mussten in einer Jahreszeit sammeln, die alles andere als einladend war. Der Winter in Brandenburg – mit seinen kurzen, grauen Tagen und nasskaltem Wetter – machte die Herausforderung noch größer.
Unfreundlichkeit und Abwertung: Eine erschreckende Erkenntnis
Das Sammeln von Unterschriften auf den Straßen in Orten wie Strausberg, Neuenhagen, Bernau, Altlandsberg und anderen Gemeinden war nicht nur körperlich, sondern auch emotional belastend. Was mich dabei am meisten erschreckt hat, war die oft unfreundliche und abwertende Haltung vieler Menschen in unserer Region.
Einige Menschen winkten nicht nur ab, sondern reagierten regelrecht verächtlich. Es gab Momente, in denen ich das Gefühl hatte, nicht als Mensch, sondern als eine Art „Störer“ gesehen zu werden, der ihre Routine unterbricht. Der Tonfall, die abweisenden Blicke und die harschen Kommentare waren oft sehr verletzend. Diese Begegnungen machten mir deutlich, wie viel Frustration und vielleicht auch Resignation bei einigen Menschen herrscht.
Natürlich gab es auch die vorsichtigen und ängstlichen Bürger, die ich verstehen kann. Viele hatten Angst, ihre persönlichen Daten preiszugeben, oder waren unsicher, was genau sie unterschreiben sollten. Einige sagten: „Meine Daten gebe ich nicht weiter!“ oder fragten misstrauisch: „Was unterschreibe ich da überhaupt?“ Selbst nachdem ich ausführlich erklärte, dass es sich nur um eine Unterstützungsunterschrift handelt, glaubten mir viele nicht. Die zwei DIN-A4-Seiten des Formulars – voller juristischer Sprache – waren für viele ebenfalls eine Barriere.
Doch die bewusste Unfreundlichkeit, die ich bei manchen erlebte, hat mich tief betroffen gemacht. Sie zeigt, wie stark die gesellschaftliche Stimmung in Teilen polarisiert ist, und lässt mich fragen, wie wir als Gesellschaft wieder mehr Respekt und Dialogbereitschaft aufbauen können.
Lichtblicke: Unterstützung aus der ganzen Partei
Trotz dieser schwierigen Erfahrungen gab es auch positive Momente, die mich motiviert haben, weiterzumachen. Besonders schön war die Unterstützung, die wir aus anderen Regionen und sogar anderen Ländern erhielten.
So kamen Antonia aus Wiesbaden, Philipp aus Berlin und Gerk aus Amsterdam nach Strausberg, um uns bei einer Sammelaktion zu unterstützen. Diese Hilfe hat mir erneut gezeigt, dass Volt nicht nur eine Partei, sondern eine Gemeinschaft ist – eine Gemeinschaft, die grenzübergreifend zusammenarbeitet, um gemeinsame Ziele zu erreichen.
Ihre Präsenz machte einen großen Unterschied. Gemeinsam mit ihnen konnten wir an einem einzigen Tag mehr Unterschriften sammeln als in den Wochen zuvor. Noch wichtiger war aber die Energie, die sie mitbrachten: Ihr Engagement und ihre Unterstützung haben uns motiviert, weiterzumachen, auch wenn die Bedingungen schwierig waren.
Ein Marathon statt ein Sprint
Die größte Herausforderung war der Zeitdruck kombiniert mit den Wetterbedingungen und den psychologischen Hürden der Menschen. Besonders in ländlichen Regionen Brandenburgs, wo die Distanzen groß und die Einwohnerzahlen niedrig sind, brauchte es viel Einsatz, um die notwendigen Stimmen zusammenzubekommen. An manchen Tagen war das Wetter so schlecht, dass selbst kurze Gespräche zu einer Belastung wurden. Dennoch war klar: Wir durften nicht aufgeben.
Die Teamarbeit bei Volt war dabei ein entscheidender Faktor. Unsere Mitglieder und Unterstützerinnen und Unterstützer wuchsen über sich hinaus und trugen entscheidend dazu bei, dass wir unsere Ziele erreichten. Volt steht für Zusammenarbeit, und diese Erfahrung hat mir erneut gezeigt, dass politische Arbeit nur im Miteinander funktioniert. Jede Unterschrift war das Ergebnis von Überzeugungsarbeit und Engagement – und letztlich ein Erfolg für die Demokratie.
Der bürokratische Berg: Ein System, das kleine Parteien herausfordert
Doch das Sammeln der Unterschriften war nur der Anfang. Der wirkliche bürokratische Aufwand begann erst danach. Jede Unterstützungsunterschrift muss von dem Amt bestätigt werden, in dem der Unterzeichnende gemeldet ist. Nur so kann nachgewiesen werden, dass die Person wahlberechtigt ist.
In Brandenburg, einem Flächenland mit zahllosen kleinen Gemeinden und Ämtern, ist das eine enorme Herausforderung. Jede einzelne Unterschrift bedeutet potenziell einen Besuch beim zuständigen Amt – oft viele Kilometer entfernt. Diese Fahrten kosten nicht nur Zeit, da die Meldeämter mit Jahresbeginn eh schon voll ausgelastet sind und hinzu noch fehlendes Personal auf den Ämtern kam, sondern auch erhebliche finanzielle und personelle Ressourcen.
Nachdem die Ämter die Wahlberechtigung geprüft haben, ist der Prozess jedoch noch nicht abgeschlossen. Die bestätigten Unterschriften müssen gesammelt und beim Landeswahlleiter eingereicht werden. Dieser überprüft erneut, ob die erforderliche Anzahl erreicht wurde und ob alle Unterschriften gültig sind. Dabei wird sichergestellt, dass jeder Unterzeichner nur für eine Partei unterschrieben hat. Falls jemand für mehrere Parteien unterzeichnet, werden diese Unterschriften als ungültig gewertet.
Dieser Prozess ist unglaublich mühselig und zeitaufwändig. Gerade für kleine Parteien wie Volt stellt diese bürokratische Hürde eine enorme Belastung dar. Es wäre sinnvoll, diese Prozesse zu digitalisieren oder zentral zu vereinfachen, um demokratische Vielfalt zu fördern, anstatt sie durch solche Hindernisse zu behindern.
Demokratie braucht Vertrauen und Beteiligung
Das Sammeln von Unterstützungsunterschriften ist anstrengend und manchmal frustrierend, aber es ist auch ein wichtiger Bestandteil unserer Demokratie. Es zwingt uns, rauszugehen, den direkten Kontakt zu suchen und mit Menschen zu sprechen. Gleichzeitig zeigt es, wie viel Misstrauen in der Gesellschaft gegenüber Politik und Verwaltung herrscht.
Diese Erfahrung hat mir gezeigt, wie wichtig es ist, das Vertrauen der Menschen zurückzugewinnen. Es reicht nicht, gute politische Ideen zu haben – man muss die Bürgerinnen und Bürger überzeugen, dass man es ernst meint, dass man für Transparenz und Fairness steht. Gleichzeitig frage ich mich, ob die Hürden für kleinere Parteien in einem modernen demokratischen System nicht zu hoch sind. Sollten wir nicht alles daran setzen, politische Vielfalt zu fördern, anstatt sie durch bürokratische Anforderungen einzuschränken?
Fazit
Das Sammeln von Unterstützungsunterschriften in diesem ungewöhnlich kalten und nassen Winter hat mich verändert. Es war eine Lektion in Geduld, Durchhaltevermögen und Menschlichkeit. Aber es hat mir auch gezeigt, dass Demokratie keine Selbstverständlichkeit ist – sie lebt von Menschen, die sich einbringen, die miteinander reden und die an eine bessere Zukunft glauben.
Ich hoffe, dass meine Erfahrungen andere dazu inspirieren, sich ebenfalls zu engagieren. Denn Demokratie ist Teamarbeit – und jeder Beitrag zählt.