Die Forensische Psychiatrie, auch Maßregelvollzug genannt, die sich mit der Begutachtung und Behandlung psychisch kranker Straftäter befasst, ist ihrer Natur nach ein eher mit Zurückhaltung betrachteter und öffentlich nicht zugänglicher Bereich. Eine neue Ausstellung im Atrium des GLG Martin Gropius Krankenhauses in Eberswalde sendet nun „Spiegelbilder“ dieser geschlossenen Welt nach draußen. Die Eröffnung ist am Dienstag, 10. September, um 15 Uhr.
Die Idee für die „Spiegelbilder“, die der Fotograf Maik Lagodzki als eine „Bildkorrespondenz mit dem Maßregelvollzug“ beschreibt, entstand 2021, die künstlerische Umsetzung vollzog sich in den Jahren darauf bis in die jüngste Gegenwart. Bei mehrmaligen Begehungen schuf Maik Lagodzki in Zusammenarbeit mit der Kunsttherapeutin Susanne Leiter-Hildebrandt und der ehemaligen Oberärztin Christine Keller ein dreidimensionales Ausstellungskonzept zu dem ungewöhnlichen Thema. Ein Teil der Fotografien zeigt abstrahierte Perspektiven, die von Bewohnern der Forensischen Klinik im Rahmen der kunstpädagogischen Betreuung mit Übermalungen ergänzt wurden. Weitere Motive basieren auf einem fotodokumentarischen Zusammenspiel mit einer Objektinstallation.
„Ich habe mich zuvor schon in einer Fotoserie mit dem historischen Tobhaus beschäftigt, das sich auf dem Klinikgelände befindet, und dadurch einen Bezug zu dem Krankenhaus und seiner mehr als 150-jährigen Geschichte aufgebaut“, sagt Maik Lagodzki. Um das zum Baudenkmal erklärte leerstehende Tobhaus kümmert sich derzeit ein Verein, der Psychiatrie in ihrem Wandel nacherlebbar und für ein breites Publikum zugänglich machen möchte. In Tobhäusern wurden im 19. Jahrhundert diejenigen „Irren“ weggeschlossen, die man nicht ruhigstellen konnte. Das Tobhaus auf dem Gelände des GLG Martin Gropius Krankenhauses ist vermutlich das letzte einigermaßen erhaltene Bauwerk dieser Art in Deutschland. Die Bildimpressionen davon wurden 2019 bereits im Krankenhaus und 2020 im Brandenburgischen Landesmuseum für moderne Kunst gezeigt.
„Dabei hat sich unser Kontakt zum Künstler weiterentwickelt“, sagt Christine Keller, die bis zu ihrem Ruhestand im Krankenhaus tätig war und sich heute mit der Projektierung wechselnder Ausstellungen im Atrium und mit weiteren kulturellen Aktivitäten befasst. Die Bilder aus dem Maßregelvollzug betrachtet Maik Lagodzki als konzeptionelles Gegenstück zum Tobhaus-Projekt. Auch das gehört zur Interpretation des Titels „Spiegelbilder“.
„Ich sehe das Thema aber nicht rein historisch oder philosophisch“, sagt Maik Lagodzki. „Verbindendes Element in den Bildern und der Installation ist ein Spiegel, der im Maßregelvollzug zur Abstraktion von Orten und einer Umkehr von subjektiven Blickwinkeln genutzt wurde.“
Zur öffentlichen Vernissage sind alle Interessierten herzlich eingeladen. Außer Musik gehört auch ein multimedialer Vortrag zum Veranstaltungsrahmen, in dem Maik Lagodzki über seine Foto-Konzepte und zur Entstehung der Ausstellung „Spiegelbilder“ sprechen wird. Sein Weg führte anfänglich als Art Director einer Hamburger Werbeagentur über die Persönlichkeits- und Portraitfotografie und Bildreportage bis zu freien Projekten im Hamburger Nachtleben. Reisen nach Asien und Amerika wurden ausschlaggebend für sein Interesse an der Straßenfotografie, in der er sich mit Menschen und Ereignissen im Großstadtleben auseinandergesetzt hat. Museen und Galerien von Eberswalde und Cottbus bis Tokyo zeigten seine Arbeiten. Seine „Spiegelbilder“ findet man nach der Ausstellungseröffnung bis zum 28. Oktober im GLG Martin Gropius Krankenhaus in der Oderberger Straße 8. Der Eintritt ist frei.