Wieviel Mut gehört dazu, ein 25 Jahre lang behütetes Geheimnis, in einem Buch zu veröffentlichen. Ein Geheimnis, dass die Sicht auf seine bisher erschienenen Bücher vollkommen verändert. Ein Geheimnis, mit dem man bestimmt nicht erwischt werden möchte. Ein Geheimnis, so unglaublich und doch bei näherer Betrachtung ganz und gar wunderbar und verständlich. Ein glückliches Geheimnis.
Arno Geiger outet sich in seinem neuen Buch als Mülltonnendurchstöberer. Seit seiner Jugend wühlt er in Altpapiertonnen. Anfangs aus der puren Lust am Lesen, lesen, lesen, später als Broterwerb zum Überleben und dann als Inspiration für seine Geschichten.
Er findet Zeitungsartikel, Bücher aber auch gesammelte Briefbündel. Manche Bücher behält er, andere restauriert und verkauft er auf Flohmärkten. Die Briefe geben ihm Einblicke in fremde Seelen und eröffnen ihm einen ganz neuen Sprachgebrauch. Und all diese Schätze machen ihn glücklich.
Er kommt stets schmutzig und verschwitzt von seinen Runden wieder. Manchmal verletzt er sich auch schwer. Und im Nacken immer die Angst, erwischt oder sogar erkannt zu werden.
Die Art, wie Arno Geiger diesen existenziellen Teil seines Lebens beschreibt, macht nachdenklich und gleichzeitig ist es aber auch ein Leseerlebnis, an seinem Glück teilzuhaben, etwa wenn er einen Gedichtband von Sergej Jessenin findet. Seine Gedanken zu dieser unserer Welt sind so unsentimental aber auch gestochen scharf.
Mein Lieblingszitat aus diesem Buch kommt von einem seiner besten Freunde. „Das Leben ist eine Zumutung.“ Und dem kann ich nur zustimmen. Es mutet uns ganz schön viel zu. Dieses Buch ist es aber nicht.