Eberswalde: Mit einem Festsymposium wurde am 26.April die Gründung des Zentrums für Psychische Gesundheit am GLG Martin Gropius Krankenhauses in Eberswalde gefeiert. Verbunden mit dem Zentrum ist eine Neuausrichtung in der psychiatrischen Versorgung. Bekannte Persönlichkeiten der Fachwelt und viele Gäste nahmen an der Veranstaltung teil.
Eröffnet wurde der Festakt von Michael Zaske Abteilungsleiter im Ministerium für Soziales, Gesundheit, Integration und Verbraucherschutz des Landes Brandenburg, und Karina Dörk, Landrätin der Uckermark und stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende der GLG. Beide zeichneten ein kritisches Bild von aktuellen gesellschaftlichen Entwicklungen, Problemen in Kitas und Schulen, die es früher nicht gab, einer Verrohung, die sich zum Beispiel auch in öffentlichen Beschimpfungen und Beleidigungen zeige oder sogar an Übergriffen auf Rettungskräfte im Einsatz. Nicht zuletzt könne dies zu den Ursachen für die steigenden Zahlen an psychischen Erkrankungen gehören, die sich heute abzeichnen. Umso mehr gefordert sei nicht zuletzt eine moderne psychiatrische Versorgung, wie sie das GLG Martin Gropius Krankenhaus in Eberswalde und auch das GLG Krankenhaus Angermünde leisten.
Das Eberswalder Krankenhaus hat durch die Gründung des Zentrums für Psychische Gesundheit deutlich gemacht, dass es sich fachlich und strukturell neuen Formen der Versorgung zuwendet. „Das soll sich in der neuen Namensgebung widerspiegeln – weg vom alten Krankheitsbegriff, noch deutlicher hin zu Gesundheit und Prävention“, erklärte Dr. Steffi Miroslau, Geschäftsführerin der GLG und meinte damit auch den GLG-Verbund insgesamt. So beschrieb es auch Sylvia Markl, Verwaltungsdirektorin des Krankenhauses. Sie sagte: „Das Martin Gropius Krankenhaus, benannt nach seinem Architekten, war schon zu seiner Gründung vor fast 160 Jahren eines der modernsten in Deutschland – in einer Zeit, da man Psychiatrie allgemein vor allem noch mit Zwangsjacken und Zwangsbehandlungen in Verbindung brachte. Doch die Behandlung ohne Zwang gab es auch damals schon als Ansatz.“ Nach einem Aufstieg der Psychiatrie in den 1920er Jahren und einem jähen Abbruch der Entwicklung durch die Nazizeit, in der das Krankenhaus auch Zwischenstation auf dem Weg in die Vernichtung von psychisch Kranken war, einer vorwiegenden Nutzung als sowjetisches Militärhospital nach 1945 über viele Jahrzehnte, bis hin zur umfassenden Sanierung und schließlich der Wiederaufnahme des Klinikbetriebs 2002 war es ein langer Weg. Die heutige Festveranstaltung, zu der mehrere hundert Gäste in den prall gefüllten Saal des Paul-Wunderlich-Hauses am Eberswalder Marktplatz kamen, verstehen alle Beteiligten als einen neuen Meilenstein der Entwicklung.
So skizzierte dann auch Prof. Dr. Uta-Susan Donges, Leiterin des Zentrums und zugleich Ärztliche Direktorin des Krankenhauses, die neuen Ansätze in einem ausführlichen Referat. Demnach werden Psychiatrie und Psychosomatik noch enger miteinander verbunden. Die verschiedenen Behandlungseinheiten arbeiten über Sektorengrenzen hinweg stationär, teilstationär und ambulant fließend zusammen, sodass die Versorgung der Patientinnen und Patienten wie aus einer Hand erfolgt. Das Zentrum orientiert sich dabei am sogenannten „Track-Konzept“, das im Rahmen wissenschaftlicher Forschung von namhaften Fachinstituten entwickelt wurde und eine vielversprechende Alternative zu den bestehenden Behandlungsmodellen bietet.
Zentrale Ziele des Konzeptes sind neben der Setting-übergreifenden Behandlungskontinuität die Verbesserung der Therapieadhärenz, womit die Einhaltung der gemeinsam von Patient und Behandler gesetzten Therapieziele im Rahmen des Behandlungsprozesses gemeint ist, die Reduktion stationärer Behandlungszeiten sowie die Vermeidung von Zwangsmaßnahmen und damit die Förderung der Patientenautonomie und einer besseren Orientierung für Patienten und Angehörige in allen Stadien einer psychischen Erkrankung. Fachlich wie strukturell mussten vorbereitend zahlreiche Voraussetzungen geschaffen werden, sodass das neue Zentrum für Psychische Gesundheit nun auf einer soliden Basis seine Funktionen entfalten kann.
Schon in den vergangenen Jahren hat das GLG Martin Gropius Krankenhaus immer wieder durch Innovationen auf sich aufmerksam gemacht, so z.B. jüngst mit dem erfolgreichen Einsatz von VR-Brillen in der Therapie von Patienten, die unter Angststörungen oder an Suchterkrankungen leiden, oder auch in der Kinder- und Jugendpsychiatrie durch die intensive Auseinandersetzung mit den Nachwirkungen der Coronapandemie auf Kinder und Jugendliche. In einer Zeit, die durch Krisen und Kriegsnachrichten geprägt wird, haben nicht zuletzt Angststörungen und Depressionen weiter zugenommen. Darüber hinaus ist die Diagnostik und Behandlung von Patienten mit Demenz ein Schwerpunkt der Klinik, die nun als Zentrum für Psychische Gesundheit neue Impulse in der professionellen Versorgung psychisch und psychosomatisch Erkrankter geben wird.
Gastbeiträge auf dem Festsymposium wurden unter anderem von den in Fachkreisen sehr bekannten Referenten Prof. Dr. Hartmut Rosa (Soziologe, Politikwissenschaftler und Publizist des Max-Weber-Kollegs für kultur- und sozialwissenschaftliche Studien an der Universität Erfurt), PD Dr. Maria-Christiane Jockers-Scherübl (Oberhavel Klinik Hennigsdorf), und Prof. Dr. Stephan Köhler (Charitè, Berlin) vorgetragen. An Informationsständen konnten die Gäste in den Pausen moderne Hilfen zur Unterstützung der Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik erproben: den Altersstimulationsanzug und das „Labyrinth Psychotica“. Der Alterssimulator ist ein komplexes System, das Einschränkungen von älteren Menschen auf eindrucksvolle Weise nacherlebbar macht. Im Simulationsanzug verwandelt man sich in die Wahrnehmungswelt von geriatrischen Patienten und entwickelt damit ein besseres Verständnis für deren Situation. Das „Labyrinth Psychotica“ meint die Versetzung in eine von Psychosen geprägte Realität mittels VR-Brille. Auch Anwender ohne psychiatrische Ausbildung können auf diese Weise hautnah die Problematik der Erkrankung erfahren.
Wer weiteres erfahren möchte, hat dazu am 24. September noch einmal Gelegenheit. Dann lädt das Krankenhaus zur Feier des 200. Geburtstages von Martin Gropius ein.