Wandlitz: „Echt schön hier!“ lautet der Slogan der Gemeinde Wandlitz und es ist zugleich auch der häufigste Seufzer, der im Strandbad Wandlitzsee zu hören ist. Längst ist das Strandbad Wandlitzsee bei Erholungssuchenden und Badebegeisterten kein Geheimtipp mehr. Als echter Publikumsmagnet feiert die öffentliche Badeanstalt dieses Jahr ihr 100-jähriges Jubiläum.
1923 wurde das Seebad im Norden der Metropole Berlin Ausdruck einer modernen Zeit: Schwimmen wird zur Freizeitbeschäftigung. Es ist ein neuer Modesport, der in einer neuen Zeit der Weimarer Republik von Arm und Reich, Mann und Frau, Dörfler wie Städter entdeckt und geliebt wird.
Die preußische Regierung gestattete ab 1902 die Einrichtung von gemischten „Familienbäder“. Aber es bedurfte des demokratischen Umbruchs in den 1920er Jahren, ehe Schwimmen zur beliebten Freizeitbeschäftigung für alle galt. Zu Beginn der jungen deutschen Republik verfolgte der damalige Gemeindevorsteher, Karl Jünemann, zielstrebig seine Vision einer öffentlichen Badeanstalt in Wandlitz. Gerade Freibäder galten in der Weimarer Republik als Ausdruck sozialen Fortschritts. Die „Volkshygiene“ forderte ihren Tribut, ein Seebad galt als Beitrag zur Gesundheitspolitik. Auf aktives Betreiben Jünemanns entstand am östlichen Ende des sichelförmigen Wandlitzer Sees, unmittelbar gegenüber der Bahnstation Wandlitzsee, das gemeindeeigene Freibad. Die direkte Anbindung an die Eisenbahn, die heutige Regionalbahn RE27, machte aus der Wandlitzer Badeanstalt gleich auch eine attraktive Destination für Touristen und vor allem für die Naherholung suchenden Berliner. Jünemann überzeugte seine Gemeindevertreter und sie stärkten ihm auch den Rücken als radikalere Maßnahmen, wie z.B. Landenteignung, angesagt waren, um den benötigten Platz für eine großzügige Badeanstalt zu schaffen.
Markant bis heute ist das Strandbadhaus. 1923 erbaut waren in ihm Ausschank, Wohnungen und Fremdenzimmer untergebracht. Symmetrisch zu seinen beiden Seiten befanden sich 200 Umkleide-kabinen – 100 auf der nördlichen Seite für Frauen und 100 gen Süden für Männer. 1926 wurde das Seebad um Badestege, Hallen- und Veranda-Bauten erweitert. Die jährlich 23.000 Gäste kamen nicht nur mit dem Zug, sondern auch mit Kraftomnibussen und dem damals aufkommenden, trendigen Mobilitätsvehikel, dem Auto.
Das Strandbad vor den Toren der Hauptstadt wurde immer bekannter und beliebter. Der Besucher-boom ermöglichte weitere Investitionen: 1928 ein Musikpavillon, 1932 ein Tanzsaal, 1933 eine Wasserrutsche und ein Standkiosk. Der Besucherrekord lag 1936 bei 36.000. Der Zweite Weltkrieg bremste den Siegeszug des Publikumsmagneten Strandbad und hinterließ schließlich auch hier verheerende Spuren. Im Niedergang des Strandbades zollten zwar noch die sowjetischen Besatzer dem legendären, gläsernen Tanzboden mit Beleuchtung und unterlegten Rosen, Respekt und organisierten gar die Reparatur der Glasplatten. Aber die Notzeiten hemmten den Badebetrieb nachhaltig. Es ging nur schleppend weiter. Umfangreiche Sanierungsarbeiten an den Bauten des Strandbades erfolgte zu DDR-Zeiten erst 1977. Es sollte selbst nach der Wende noch einige Pächter-wechsel geben. Erst 1998 konnte die Gemeinde dank EU-Fördermittel ein Fünf-Millionen-Mark-Projekt zur grundlegenden Modernisierung des Strandbades umsetzen. Das -Strandbad erhielt sein heutiges Gesicht mit modernen Sanitärtrakten und Umkleidekabinen, Steganlage mit markantem Sprungturm, einem Spielplatz mit Riesenrutsche und Matschbecken, einer Beachvolleyballanlage, Bootsverleih u.v.m. Für die Bewirtschaftung wurde das einstige Badehaus aus dem drei Hektar großen Gelände herausgelöst, seine Hülle unter Denkmalschutz gestellt und mit der Auflage dort einen Gastronomiebetrieb zu errichten privatisiert. Das Strandbad selbst blieb in Gemeindehand. Das Konzept ging auf. Das Strandbad ist ein Wandlitzer Vorzeigeprojekt: überregional bekannt und beliebt. Es hat an den alten Glanz anknüpfen können. 2022 fanden es sicherlich die allermeisten der 59.500 Badegäste bestimmt „Echt schön hier!“