Bernau: „Ich habe einfach immer weiter gemacht“: Dieser Satz steht exemplarisch für die unermüdliche Bildhauerin Lore Plietzsch (Jg. 1930). Ein Filmporträt von ihr wird am Donnerstag, dem 21. September, 19 Uhr, in der Skulpturensammlung der Waldsiedlung im Kunstraum Innenstadt gezeigt.
Sie selbst will auch anwesend sein und im Anschluss an die Filmvorführung den Bernauerinnen und Bernauern gemeinsam mit dem Filmteam Rede und Antwort stehen. Moderiert wird das Gespräch vom Kurator des gegenwärtig stattfindenden Bildhauersymposiums Thomas Kumlehn.
Das Kulturamt der Stadt Bernau lädt zu diesem Filmabend ein, der zum Begleitprogramm des deutsch-polnischen Bildhauersymposium „Terrain I Teren2″ gehört, dass am 10. September am Rondell im Stadtpark eröffnet wurde.
Bildhauerin Birgit Cauer und die Bildhauer Rainer Fest aus Berlin sowie Andrzej Kosowski aus Wrocław und Piotr Wesołowski aus Mietków (Polen) haben das Thema „Terrain | Teren“ inhaltlich reflektiert und werden es mit unterschiedlichen Materialien und Techniken bis zum 1. Oktober in Bernau gestalterisch umsetzen.
Der Schaffensprozess der zwei deutschen und zwei polnischen Bildhauer wird in ein anspruchsvolles Programm eingebettet. Das Filmporträt von Mechthild Rieffel und Jan Mader über die Bildhauerin Lore Plietzsch reiht sich harmonisch als Begleitung des Symposiums ein.
„Der Film wurde im Auftrag der Stadt Bernau produziert. Lore Plietzsch ist mit ihrer Bronzeplastik Schwimmerin|Stehende aus dem Jahr 1962 in der ständigen Ausstellung der Skulpturensammlung der Waldsiedlung Bernau vertreten. Sie ist die Einzige unter den hier vertretenen Künstlern, die als Zeitzeugin noch befragt werden konnte“, erklärt Sabine Oswald-Göritz vom Kulturamt der Stadt Bernau den besonderen Wert des Films.
Über die Porträtierte
Der Film beginnt mit dem Satz der 92-Jährigen: „Es ist schön, wenn man noch arbeiten kann.“ Aufgenommen in ihrer Werkstatt in Berlin-Pankow, die zur Wohnung gehört. Wie sicher Lore Plietzsch vor dem Modellierbock das Gipsporträt eines Mädchens gestaltet, oder behutsam ältere Werke zeigt, wie wach und konzentriert sie erzählt, all das macht den Film zu einem faszinierenden authentischen Ereignis.
Geschickt sind die Zeitebenen Vergangenheit und Gegenwart in den bewegten Bildern mit den Themen verwoben. Der autobiografische Rückblick folgt einer klaren Struktur, beginnend mit der behüteten Kindheit in Altenburg und Gera, der Kriegs- und Nachkriegszeit in Weimar, wo sie sich als 16jährige für ein Bildhauer-Studium an der Hochschule für Baukunst und bildende Künste mit einem Selbstporträt bewarb. Sie reflektiert ihre Ausbildung zwischen 1947 bis 1952, in der sie prägenden Lehrern, wie Hans van Breek und Siegfried Tschierschky begegnete und mit Kommilitonen studierte, die als Kriegsheimkehrer älter und erwachsener waren als sie selbst.
Unmittelbar nach dem Studium wurde sie an der Akademie der Künste der DDR Meisterschülerin von Fritz Cremer. Sie ist seit 1956 freischaffend in Berlin tätig.
Lore Plietzsch bewahrte sich ihre Courage im Umgang mit der Politik der SED und mit der Vergabepraxis der Auftragskunst in der DDR. Sie erzählt, wie sie ihren Alltag als alleinstehende zweifache Mutter meisterte. Es gelang ihr, sich trotzdem kontinuierlich als Bildhauerin einen guten Ruf als Porträtplastikerin zu erarbeiten. Künstler wie Waldemar Grzimek, Wilfried Fitzenreiter oder Hermann Bachmann schätzten ihre künstlerische Entwicklung. Museen bspw. in Altenburg, Dresden, Halle, Magdeburg besitzen ihre Werke.
Nach 1990 bis heute kommen insbesondere private Auftraggeber auf Lore Plietzsch zu. Sie resümiert am Ende des Films augenzwinkernd und bescheiden ihr Leben mit den Worten: „Es hat einen Verlauf gegeben ohne große Höhepunkte.“
Über die Filmemacher
Mechthild Rieffel und Jan Mader lernten sich nach ihrer Fotografen-Ausbildung in Bielfefeld bzw. Hamburg 1995 kennen. Sie eröffneten in Hamburg ein Fotostudio und arbeiteten anfangs überwiegend redaktionell. Im Sommer 2006 zogen sie nach Berlin und begannen medienübergreifend zu arbeiten, um Projekte von der Konzeption bis zur Realisierung selbst gestalten zu können. Seit 2016 leben und arbeiten beide in Brandenburg. Sie konzentrieren sich in ihrer Arbeit derzeit vor allem auf Film und Fotografie. Einen Schwerpunkt bilden filmische Porträts.
Der Eintritt zum Filmabend in der Skulpturensammlung der Waldsiedlung Bernau im Kunstraum Innenstadt, Alte Goethestraße 3, 16321 Bernau ist frei. Um Anmeldungen per E-Mail an kulturamt@bernau-bei-berlin.de wird gebeten.