Mehr als 50 Kommunalpolitikerinnen und- politiker sowie interessierte Bürgerinnen und Bürger waren am 5. September 2022 der Einladung der Gesellschaft für Europa- und Kommunalpolitik e.V., GEKO, in den Goldenen Löwen erfolgt. Die Veranstaltungsreihe wurde 2018 von der Brandenburger Landesregierung in Kooperation mit der Servicestelle Kommunen in der Einen Welt (SKEW) ins Leben gerufen und wird seitdem mit und für lokale Multiplikatoren und Bürgerinnen und Bürger durchgeführt.
Unter dem Titel „Nachhaltige Entwicklung und was hat Wandlitz damit zu tun?“ stellten Referenten aus dem Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und Klimaschutz, dem Biosphärenreservat Schorfheide-Chorin und der Barnimer Energiegesellschaft in Kurzreferaten ihre aktuellen und geplanten Projekte und Ideen vor auf dem Weg zu mehr Nachhaltigkeit, mehr Klimaschutz und einer Strategie zur Anpassung an geänderte Klimabedingungen.
Als Schirmherr der Veranstaltung betonte Bürgermeister Oliver Borchert in seinem Einführungsstatement: „Die Themen Klimaschutz und Nachhaltigkeit brennen uns allen unter den Nägeln.“ Gerade auch vor dem Hintergrund der Starkregenereignisse vom 26. August und ihren teilweise verheerenden Auswirkungen sei noch einmal sehr deutlich geworden, dass die Folgen des Klimawandels auf lokaler Ebene „ausgebadet“ und verbesserte Vorsichtsmaßnahmen für die Zukunft getroffen werden müssten. Die nationale und internationale Politik würden zwar die gesetzlichen Rahmenbedingungen und Zielsetzungen im Bereich Klimaschutz und -anpassung vorgeben, konkrete Klimaschutzmaßnahmen müssten aber vor Ort auf der lokalen Ebene durchgeführt werden.
In Wandlitz gibt es seit 2014 ein sogenanntes Kommunales Energiekonzept. Seit dieser Zeit gibt es auch eine Arbeitsgruppe Klima- und Energiekonzept, in der sachkundige Einwohner Themen mit Energie- und Klimarelevanz aufgreifen. Außerdem wurde in 2014 auch ein eigener Ausschuss für Umwelt, Energie und ÖPNV gebildet. Der Bürgermeister benannte aus dem Kommunalen Energiekonzept einige beispielhafte Projekte, die teilweise bereits umgesetzt sind bzw. sich noch in der Umsetzung befinden. Dazu gehört die Umrüstung der Straßenbeleuchtung auf energiesparende LED-Technik. Allein 2018 wurden in zwei Ortsteilen 750 Leuchten auf LED umgerüstet. Schon das trug zu einer Stromkosteneinsparung von jährlich 25.000 Euro bei. Bisher ist bei den rund 5.000 kommunalen Straßenleuchten eine LED-Umrüstungsquote von circa 43 Prozent erreicht. Im Bereich nachhaltige Mobilität nannte Oliver Borchert die Nutzung von E-Dienstwagen und E-Diensträdern. Außerdem wurde in Zusammenarbeit mit dem Landkreis eine für jedermann nutzbare E-Ladeinfrastruktur errichtet. Das 5.000-Bäume-Programm der Gemeinde soll ebenfalls einen Beitrag für mehr Klimaschutz leisten. Die bisherige Bilanz: bis zum Jahresende 2022 werden insgesamt 3.375 Bäume neu gepflanzt sein. Außerdem hat sich die Gemeinde auf den Weg gemacht, ein Klimaschutz- und Nachhaltigkeitskonzept zu entwickeln. „Wir wollen als Gemeinde treibhausneutral werden“, formulierte Oliver Borchert die Zielsetzung.
Ria Müller, Klimaschutzreferentin im Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und Klimaschutz, stellte die landespolitische Seite und die vom Land Brandenburg geplanten Maßnahmen vor. Demnach ist es Landesziel, bis 2045 Klimaneutralität zu erreichen. „Wir bereiten dafür einen Klimaplan vor und wollen damit einen Orientierungsrahmen u.a. für den Ernährungs-, Gesundheits- und Verkehrsbereich geben,“ so Ria Müller. Aber es müsse allen klar sein: für multiple Probleme gäbe es keine einfachen Lösungen.
Lina Schlieper, Projektmanagerin im Biosphärenreservat Schorfheide-Chorin, stellte die zentralen Eckpunkte des ZENAPA-Projektes vor. ZENAPA steht für `Zero Emission Nature Protected Areas´, zu Deutsch `emissionsfreie Großschutzgebiete´. Ziel des Projektes ist es, Synergien zwischen Naturschutz und Klimaschutz in Großschutzgebieten herzustellen. Die nationalen und europaweiten Klimaschutzziele sollen mit Arten- und Naturschutz in Einklang gebracht werden. Insgesamt setzen sich 11 Großschutzgebiete verschiedener Bundesländer für die Umsetzung des ZENAPA-Projektes ein.
Thomas Simon, Geschäftsführer der Barnimer Energiegesellschaft, stellte zunächst die Struktur und die vielfältigen Aufgabenbereiche der Kreiswerke Barnim dar. Aufgrund seiner ursprünglichen beruflichen Ausbildung als Förster appellierte er für einen besonderen Schutz der Wälder. „Die Waldbestände stehen ganz schlecht dar“, so Thomas Simon. Er prognostizierte einen großen Absterbeprozess von Wald in den nächsten Jahren und warb insbesondere auch für ein effektives Wassermanagement, um zukünftig mehr Wasser in der Region zu halten. Er stellte u.a. den emissionsfreien Schienenpersonenverkehr mit Wasserstoffzügen als Leuchtturmprojekt vor und die im Rahmen von „zirkulierBAR“ entwickelte Gewinnung von Recyclingdünger aus Inhalten von Trockentoiletten.
In der anschließenden Diskussion mit dem sachkundigen Publikum wurden dann etliche Aspekte aufgegriffen, vertieft und auch durchaus kritisch diskutiert, wie z.B. die Frage nach Windeignungsgebieten auf Waldflächen sowie Monokulturen, Wasser- und Bodenprobleme in der Landwirtschaft. Das Fazit: eine interessante Dialogveranstaltung mit vielen unterschiedlichen Aspekten. Fortsetzung absolut sinnvoll!