Bernau: Am 1. Oktober 2022 hat für Franziska Radom ein neues, spannendes Kapitel begonnen. Sie wechselte an die Spitze des sechsköpfigen Museums- und Archivteams der Stadt Bernau.
Zuvor hielt sie als Mitarbeiterin des Kulturamts mehrere Jahre lang organisatorisch die Fäden des Hussitenfestes fest in der Hand. Diese Aufgabe hat die studierte Historikerin mit dem Schwerpunkt mittelalterliche Geschichte gut gemanagt und nicht als artfremd empfunden. „Das Hussitenfest ist schließlich gelebte Geschichte, ist Erinnerungskultur einer Stadtgesellschaft in Form eines Mittelalter-Festes, das jedes Jahr sehr gut von den Bernauern und ihren Gästen angenommen wird“, meint Franziska Radom. Für das 30. Hussitenfest hatte sie den Staffelstab an ihre Nachfolgerin Lorena Biemann übergeben.
Jetzt freut sich Franziska Radom darauf, wieder mehr inhaltlich und konzeptionell arbeiten zu können. „Ich mag lokalgeschichtliche Themen, denn sie sind nah an den Menschen dran“, erklärt die 41-Jährige. Deshalb liegen ihr die Bernauer Museen auch sehr am Herzen. Sie sind für viele (Neu-)Bernauer und insbesondere für viele Kinder der erste Berührungspunkt mit der Kultur- und Stadtgeschichte. Auch kleine Bernauer Erinnerungsstücke, wie sie beispielsweise in der temporären Spielzeugausstellung im Henkerhaus rund um Weihnachten gezeigt würden, seien ein Spiegelbild der Weltgeschichte mit Lokalkolorit, so die Historikerin.
Bewährtes bewahren, Neues anvisieren
Auf ihren Vorgänger Bernd Eccarius-Otto angesprochen, der 33 Jahre lang die Museumsarbeit verantwortete, hat sie viel Lobendes parat. Insbesondere sein Engagement, die Museen als dritten Lernort zu etablieren, findet sie richtig und wichtig. Den museumspädagogischen Gedanken will Franziska Radom unbedingt beibehalten und ausbauen.
Und ihr schweben weitere Neuerungen vor: „Die Ausstellungskonzepte der Häuser werde ich mit meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern überarbeiten“, kündigt Franziska Radom an. Die Dauerausstellungen sollen überprüft werden, denn die Expositionen betrachten nur einen kleinen Ausschnitt der Bernauer Geschichte.
Auch die Themen Barrierefreiheit und Digitalisierung nimmt Franziska Radom in den Blick. „Gehbarrieren werden wir in unseren alten Häusern mit den schmalen, steilen und gewundenen Treppen nicht so leicht abbauen können, aber leichte Sprache, große Buchstaben, Blindenschrift werden künftig eine größere Rolle spielen“, verspricht die Museumsleiterin.
Auch wenn die Bernauer Museen aufgrund ihrer übersichtlichen Größe eine sehr persönliche Betreuung und Führung ermöglichen, sollen sich die Besucher anhand der Beschriftungen die Sammlungen selbst erschließen können. Das technische Aufbereiten und Digitalisieren von Inhalten bietet dafür eine weitere Alternative, darüber hinaus auch, um Stücke zugänglich zu machen, die aus Platzmangel nicht gezeigt werden können.
Schätze im Archiv und Depot aufarbeiten
Momentan sind die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dabei, das Archiv und die Depots zu durchforsten, die Sammlung auf den Prüfstand zu stellen und die Dinge nach inhaltlichen und konservatorischen Gesichtspunkten zu bewerten, denn nicht alle Stücke und Dokumente sind auch wichtig für die Stadt- und Regionalgeschichte. Da nur begrenzte Kapazitäten vorhanden sind, heißt es, sich möglicherweise von Gegenständen zu trennen. „Im Fachjargon nennt man das ‚entsammeln‘“, sagt Franziska Radom.
Auch im Archiv liegen Schätze verborgen, die derzeit gesichtet und aufgearbeitet werden. „Das Archiv ist für Recherchen zur Stadtgeschichte ein wesentlicher Baustein der Museumsarbeit“, erklärt Franziska Radom, die neben den Museen auch für das Archiv verantwortlich zeichnet. „Das neue Team des Archivs geht die Aufgaben motiviert und systematisch an“, berichtet die Historikerin. Auch hier wird genau hingeschaut, was es an erhaltenswertem historischem Altbestand gibt und wovon man sich trennen kann, um wieder Platz zu schaffen.
Sonderausstellungen im Kantorhaus
Neben dem Museum im Steintor und dem Henkerhaus steht jetzt auch das Kantorhaus für temporäre Ausstellungen zur Verfügung. Mit der Sonderausstellung zum Leben und Schaffen des Heimatmalers Bernhard Schmidt-Bernau ist dem Team um Franziska Radom ein vielbeachteter erster Aufschlag gelungen. Grund dafür war auch, dass das Museum eine rege Beteiligung von Zeitzeugen organisiert hatte und es zahlreiche Leihgaben aus Privatbesitz gab. Solche Partizipationsprojekte schweben Franziska Radom auch weiterhin vor, um im Kontakt mit den Bernauern noch Unbekanntes und Wissenswertes zu heben.
Blick auf Zukunftsthemen Die Historikerin möchte aber nicht nur in der Vergangenheit verweilen, sondern die Museen auch auf Zukunftsthemen orientieren. „Als wachsende Stadt – mit acht Ortsteilen – lohnt es sich für uns als Ausstellungsmacher zu schauen, wie sich die ‚Perle des Barnims‘ verändert und wohin sie sich weiterentwickelt“, steckt Franziska Radom ein weiteres Vorhaben ab