Die Ferien des laufenden Jahres mussten häufig zu Hause verbracht werden – oder zumindest in Deutschland. Gleichzeitig hatten Bundesländer wie Mecklenburg-Vorpommern Einreisebeschränkungen verhängt oder signalisierten via Presse „rien ne va plus – wir können keine Besucher*innen mehr aufnehmen“. Die Alternative: viele Berliner*innen flüchten vor der Hitze der Stadt an die umliegenden Badeseen. Der Liepnitzsee ist dabei eines der beliebtesten Ausflugsziele. Aber auch viele Bernauer*innen sowie andere Barnimer*innen und Urlauber*innen besuchen diesen See, der schon lange kein Geheimtipp mehr ist. Mehrere hundert Autos besetzen alle Parkplätze, sowohl offizielle entlang der Straße als auch inoffizielle. Mehrere tausend Menschen durchqueren den
Liepnitzwald auf der Suche nach einer Badestelle, die noch nicht völlig überfüllt ist. Dabei werden leider nicht immer nur die dafür vorgesehenen Wege benutzt. Ist man fündig geworden, werden wilde „Badestellen“ bei Bedarf erweitert oder bisher halbwegs intakte Uferbereiche niedergetrampelt. Der Boden wird verdichtet, die nicht überall vorhandenen Müllbehälter sind überfüllt und viel Müll landet in der Natur. Zu einem weiteren Problem werden die wilden Toiletten und die Menge an Urin, die in den Wald und den See gelangt. Das Algenwachstum in diesem einst nährstoffarmen Klarwassersee scheint aufgrund des Nährstoffeintrags zuzunehmen, befeuert noch von den langen heißen Sommern der letzten Jahre. Dem ohnehin unter trockenheitsbedingten Stress leidenden Wald setzen Schadorganismen zu und der Besucher*innendruck ist in den am stärksten betroffenen Zonen sicherlich auch nicht förderlich für viele Bäume; auch Bereiche eines weiteren treibhausgasspeichernden Ökosystems, der Moore im Liepnitzgebiet, leiden unter diesem Druck. Viele Mitmenschen sehen die Entwicklung mit Sorge, zumal die Umweltbelastungen schon mit der An- und Abreise des breiten Besucher*innenstromes beginnen. Zwar erreichen zahlreiche Gäste den Wald und seinen See mit dem Fahrrad, doch die meisten Besucher*innen reisen mit dem Auto an. Die schon erwähnten überfüllten Parkplätze sind ein unübersehbarer Beleg für die dominierende Bedeutung des motorisierten Individualverkehrs.
Anwohner*innen und Naturfreunde sind allerdings nicht nur besorgt, häufig werden sie auch vorbildlich aktiv. Sie wandern mit Müllsäcken bewaffnet am Ufer entlang und durch den Wald, um die gröbsten Hinterlassenschaften zu beseitigen. Doch wie bei den meisten Klima- und Umweltschutz-, oder auch Naherholungskonzepten kann auf individuelle Aktivitäten zwar nicht verzichtet werden, sie stoßen jedoch ob der Dimension der Probleme an ihre Grenzen. Der Müll müsste zeitweise fast täglich entsorgt, die Uferbereiche wieder befestigt und die Besucher*innenströme besser gelenkt werden. Dies haben auch die Aktivist*innen festgestellt und sich daher an ihre Stadtverordneten gewandt. Für den Teil des Liepnitzsees auf Bernauer Gemarkung ist die Bernauer Stadtverordnetenversammlung (SVV) nämlich genau das zuständige Gremium, welches aktive Bürger*innen und Organisationen in ihren Bemühungen um eine geordnete Besucher*innenlenkung unterstützen könnte. Nachdem wir als Bernauer Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen uns des Themas angenommen haben, zeigte uns eine kurze Anfrage bei anderen Fraktionen der SVV, dass ihnen die Bedeutung einer geregelten Naherholung am Liepnitzsee bewusst ist und wir mit Unterstützung rechnen können.
Für uns Grüne sind sowohl die zunehmenden Umwelt- und Verkehrsbelastungen als auch die durchaus zu unterstützende Naherholung sehr wichtige, aktuell anzupackende Themen. Die immer stärker auch in unseren Gefilden spürbare Klimakrise bedarf beschleunigter Klimaschutzmaßnahmen, wozu auch eine konsequente Verkehrswende gehört, wie aber auch gezielter Maßnahmen, um die Anpassung von Ökosystemen an den Klimawandel zu ermöglichen – insbesondere von solchen, die in der Lage sind Treibhausgase zu speichern und uns bei der Abmilderung der Klimakrise helfen. Dies hat auch der vor kurzem vorgestellte Abschlussbericht des von der Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde wissenschaftlich begleitetens Projekt „Bernau.Pro.Klima“ verdeutlicht.
In unseren Sitzungen haben wir uns Gedanken gemacht, was wir tun können, um sowohl den erholungssuchenden Menschen als auch den Wäldern, Mooren und Seen zu helfen. Dazu haben wir in unserer Sitzung am 24.08. die Probleme besprochen und versucht, Lösungen zu finden. Priorität und Einstimmigkeit bestand in dem Ziel – trotz der damit verbundenen Herausforderungen – den Liepnitzsee und -wald für alle Menschen offen zu halten. Eine Schlüsselrolle wird dabei die Organisation der An- und Abreise beziehungsweise der Parkraumbewirtschaftung spielen. Es muss einladende Alternativen zur Anreise mit dem Auto geben. Am kürzesten Zugang zum Liepnitzsee, am Waldimbiss, sollte durch eine eigene Bushaltestelle zumindest in der Sommerzeit eine Anbindung an die Plusbus-Linie Bernau-Wandlitz geschaffen werden, mit entsprechend attraktiver Taktung bis in die Abendstunden. Für ein solches Angebot spricht die bessere Erreichbarkeit von Wald und See für Menschen ohne eigenen PKW, oder für solche, die darauf verzichten wollen, denn der Fußweg von der nächstgelegenen Bushaltestelle in der Waldsiedlung ist relativ lang. Untersucht werden sollte in diesem Zusammenhang auch, ob die Zahl der Parkplätze gleichzeitig reduziert werden könnte. Sichergestellt werden muss allerdings, dass durch diesen Schritt keine Engpässe für Besucher*innen der Klinik entstehen. Flexibler und lukrativer wäre jedoch die Errichtung einer Parkraumbewirtschaftung mit variablen Parkgebühren zu Stoßzeiten im Sommer. Die Höhe der Gebühren sollte so gewählt werden, dass die Automaten refinanziert und ein großer Teil der Kosten für die Müllbeseitigung sowie die Behebung sonstiger Schäden an See und Wald bezahlt werden kann.
Inzwischen ist der Antrag für die nächste SVV-Sitzung gestellt und wir rechnen mit einer breiten Unterstützung.