Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Kita-Elternvertretungen,
sicher haben Sie der Presse bereits entnommen, dass der Landtag vor dem Hintergrund der derzeitigen Energiekrise und den damit verbundenen gestiegenen Lebenshaltungskosten beschlossen hat, alle Familien mit niedrigeren Einkommen im Rahmen des Brandenburg-Pakets durch eine Ausweitung der Elternbeitragsfreiheit und eine Begrenzung der Höchstbeiträge für die Kindertagesbetreuung sehr direkt
und möglichst zeitnah zu entlasten.
Mit diesem Schreiben möchte ich Sie über die zentralen Punkte der „Elternbeitragsentlastung 2023 / 2024“ informieren. Angesichts der vielen Details, die u. a. die Ermittlung der Höhe des maßgeblichen Elterneinkommens betreffen oder die Durchführung der Vergleichsbetrachtungen Ihres bisherigen Elternbeitrages mit den neuen Höchstbeitragsgrenzen betreffen, möchte ich Sie bereits an dieser Stelle
auch auf den Internetauftritt des Ministeriums für Bildung, Jugend und Sport (MBJS) zur Kita-Elternbeitragsentlastung hinweisen.
Dort finden Sie in Form von sogenannten Frequently Asked Questions (FAQ), sprich häufig gestellter Fragen, zusätzliche Informationen. Diese FAQ werden wir in den nächsten Wochen und Monaten erweitern und ergänzen, soweit dies notwendig wird.
Im Internet werden Sie zudem einen Einkommensrechner nutzen können, um zu ermitteln, ob und wie die Beitragsentlastung für Sie wirken wird.
In diesem Schreiben möchte ich kurz auf die Grundzüge des Beitragsrechts eingehen (1.) und die bereits erfolgten landesgesetzlichen Befreiungsschritte (2.) voranstellen, bevor ich auf die neuen Regelungen des Brandenburg-Pakets (3.) eingehen werde.
Die nachfolgenden Ausführungen beziehen sich auf Kindertagesstätten (Krippen, Kindergärten und Horte). Sie gelten aber auch für die Kindertagespflege, d. h. auch dort greifen die neue gesetzliche Ausweitung der Elternbeitragsfreiheit und die Höchstbeitragsgrenzen.
Wohnen Sie nicht im Land Brandenburg, besucht Ihr Kind aber eine brandenburgische Kita, greift die Beitragsentlastung leider nicht automatisch, sondern für diese Fälle gelten Sonderregelungen, die das Maß dessen, was hier erläutert werden kann, übersteigt. Bitte nutzen Sie in diesem Fall die FAQ bzw. fragen Sie bitte bei Ihrem Kita-Träger nach.
- Elternbeiträge allgemein
Bekanntermaßen legt jeder Träger einer Kindertagesstätte in seiner Elternbeitragsregelung fest, in welcher Höhe Elternbeiträge als Finanzierungsbestandteil für die Betriebskosten der Einrichtung zu leisten sind. Die Träger erheben diese Beiträge bei den Eltern selbst. Die Elternbeiträge sind sozialverträglich zu gestalten, was dadurch zu erfolgen hat, dass sie nach dem Elterneinkommen, der Zahl der unterhaltsberechtigten Kinder sowie dem vereinbarten Betreuungsumfang zu staffeln
sind. Dies gilt für Kindertagesstätten in öffentlicher, regelmäßiger gemeindlicher Trägerschaft wie für Kindertagesstätten in freier Trägerschaft.
Die bisherigen Elternbeitragsregelungen und die individuellen Beitragsfestsetzungen für Ihr Kind oder Ihre Kinder gelten uneingeschränkt weiter. Grundsätzlich sind Sie deshalb auch zur Zahlung der bisherigen Beiträge weiter verpflichtet, es sei denn – und dies nennt sich „Vorrang des Gesetzes“ – für Sie gilt ab dem 1. Januar 2023 die erweiterte Beitragsfreiheit oder eine Höchstbeitragsgrenze.
Aber Achtung!: Da die Kita-Träger Zeit brauchen, um die neuen individuellen Beitragsfestsetzungen vorzunehmen – das Gesetz nennt als Zieldatum den 28. Februar 2023 – und eventuell zusätzliche Angaben von Ihnen benötigen, sind Sie bis zum Vorliegen des neuen Bescheides verpflichtet, den Beitrag weiter zu entrichten. Sie haben aber einen gesetzlichen Rückerstattungsanspruch, wenn sich mit dem neuen Bescheid herausstellt, dass Sie zu viel gezahlt haben.
Generell gilt, dass der Einrichtungsträger keinen Elternbeitrag von den Eltern erheben darf, wenn dem ein gesetzliches Elternbeitragserhebungsverbot entgegensteht und er gleichzeitig an der öffentlichen Finanzierung der Kindertagesbetreuung im Übrigen teilnehmen will. Dies gilt auch für die Beitragsbegrenzung. Das Land Brandenburg hat seit 2018 mehrere solcher Erhebungsverbote eingeführt und gleicht die bei den Einrichtungsträgern dadurch entstehenden Einnahmeausfälle aus.
- Bisherige Regelungen zur Beitragsbefreiung
a) Beitragsfreiheit im letzten Kita-Jahr vor der Einschulung
Bereits seit dem 1. August 2018 sind alle Eltern beitragsfrei, deren Kinder im letzten Kita-Jahr vor der Einschulung ein Betreuungsangebot in einer Kindertagesstätte oder Kindertagespflegestelle besuchen.
Diese Regelung gilt unverändert fort und wird durch die ab dem 1. Januar 2023
geltenden neuen Regelungen nicht verändert. Diese Kindesalter abhängige Beitragsfreiheit ist gegenüber einer elterneinkommensabhängigen Beitragsfreiheit (ab dem 1. Januar 2023 bis 35.000,- Euro Jahreshaushaltsnettoeinkommen) vorrangig. Kinder im letzten Kita-Jahr vor der Einschulung sind also automatisch beitragsfrei und müssen keine Einkommensnachweise beim Träger des Betreuungsangebots
vorlegen. Mit anderen Worten: für diese Eltern ändert sich nichts. Sie müssen der Kita auch keine weiteren Unterlagen vorlegen.
b) Beitragsfreiheit für Sozialtransferleistungsempfangende und Geringverdienende
Das Kinder- und Jugendhilferecht im Sozialgesetzbuch sieht vor, dass bestimmten
Eltern keine Elternbeiträge zuzumuten sind. Landesrechtlich wurde dies mit Wirkung zum 1. August 2019 durch eine antragsfreie Elternbeitragsfreiheit abgesichert, d. h. folgende Elterngruppen sind ebenfalls beitragsfrei, die
- Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch
Sozialgesetzbuch (SGB II), - Leistungen nach dem dritten und vierten Kapitel des Zwölften Buches
Sozialgesetzbuch (SGB XII), - Leistungen nach den §§ 2 und 3 des Asylbewerberleistungsgesetzes,
- einen Kinderzuschlag gemäß § 6a des Bundeskindergeldgesetzes oder
- Wohngeld nach dem Wohngeldgesetz
erhalten oder
- Geringverdienende (Jahreshaushaltsnettoeinkommen bis 20.000,- Euro).
Auch diese Beitragsfreiheit gilt inhaltlich unverändert fort und wird durch die jetzige weitergehende Elternbeitragsentlastung 2023 / 2024 nicht berührt. Erhalten Sie also eine dieser Leistungen oder sind Sie geringverdienend, sind Sie auch künftig beitragsfrei. Auch diese Eltern müssen keine ergänzenden Unterlagen vorlegen.
- Elternbeitragsentlastung 2023 / 2024
Nun zu den zusätzlichen Beitragsentlastungen 2023 / 2024, die ab dem 1. Januar 2023 gelten und bis zum 31. Dezember 2024 zeitlich befristet sind.
Bevor ich hier auf die neuen Regelungen eingehe, möchte ich kurz zum besseren Verständnis erläutern: Diese zusätzliche Elternbeitragsentlastung ist Bestandteil des Brandenburg-Pakets und sie wird rund 116 Mio. Euro in beiden Jahren zusammen kosten. Sie wird aus Krediten finanziert, die das Land zusätzlich aufnehmen muss. Diese Kreditaufnahme ist nur ausnahmsweise wegen der Energiekrise und den gestiegenen Lebenshaltungskosten und der vom Landtag festgestellten Notlage zulässig. Deshalb ist diese Entlastung zeitlich befristet. Sie ist sozial ausgestaltet, weil sie darauf abzielt, Familien, die über untere bis mittlere Elterneinkommen verfügen, in der festgestellten Notlage zu unterstützen. Alle Kinder sollen trotz der aktuellen Krise weiter an der Kindertagesbetreuung teilnehmen können.
Um sicherzustellen, dass überall im Land diese sozialpolitische Maßnahme nach gleichen Regeln und Maßstäben zur Anwendung kommt, muss von einem einheitlichen Einkommensbegriff ausgegangen werden. Bisher gibt es eine bunte Vielfalt von Einkommensbegriffen in der sehr großen Zahl von Elternbeitragsregelungen der rund 750 Kita-Träger. Diese gelten fort, was ich betonen möchte, aber für die jetzt notwendigen Prüfungen, ob die neuen Regelungen zur Elternbeitragsentlastung greifen, wurde in § 2a Kindertagesgesetz (KitaG) der bisher für die Grenze der Beitragsfreiheit der Geringverdienende geltende Einkommensbegriff ins KitaG übernommen und leicht modifiziert. Es ist leider unvermeidbar, dass die Kita-Träger jetzt Vergleichsbetrachtungen durchführen müssen und Sie, als Eltern, evtl. ergänzende Unterlagen nachreichen müssen, damit geprüft werden kann, ob die Elternbeitragsentlastung für Sie gilt.
a) Ausweitung der Beitragsfreiheit
Erster Bestandteil der Elternbeitragsentlastung 2023 / 2024 ist, dass die Elternbeitragsfreiheit auf alle Eltern ausgeweitet wird, die über ein Jahreshaushaltsnettoeinkommen von bis zu 35.000,- Euro verfügen. Die Beitragsfreiheit bis 35.000,- Euro gilt für alle Altersstufen (Krippe, Kindergarten und Hort) und Betreuungsangebote in Kindertagesstätten und Kindertagespflegestellen.
Die Beitragsfreiheit erfasst nicht das Essengeld. Dieses ist weiter zu entrichten.
b) Höchstbeitragsgrenzen
Eine neue gesetzliche Maßnahme besteht darin, dass bei einem verfügbaren Jahreshaushaltsnettoeinkommen über 35.000,- Euro bis 55.000,- Euro die Elternbeiträge, die von den Kita-Trägern erhoben werden dürfen, gesetzlich begrenzt werden.
Praktisch bedeutet dies: Liegt Ihr bisheriger Beitrag laut der Elternbeitragsregelung
Ihres Kita-Trägers unterhalb des Höchstbeitrages, ist dieser Beitrag weiter zu entrichten. Bitte erwarten Sie auch keinen neuen Bescheid. Dieser ist nicht erforderlich, da der bisherige Bescheid weiter gilt.
Wie bereits oben ausgeführt, sind die Kita-Träger auch nicht verpflichtet, ihre Beitragsregelungen an die neuen Höchstbeiträge anzupassen. Es ist aber auch nicht verboten, Elternbeitragssatzungen in den nächsten beiden Jahren zu verändern.
Die Höchstbeiträge sind nach den vereinbarten Betreuungsumfängen gestaffelt.
Das Gesetz geht für die Krippe und den Kindergarten von einer vereinbarten täglichen Betreuungszeit von 8 Stunden aus. Ist die vereinbarte Betreuungszeit geringer oder höher, gelten je Stunde um 1/10 geringere oder höhere Beträge; maximal werden die Höchstbeiträge um 2/10 reduziert oder erhöht.
Folgende Höchstbeiträge gelten für vereinbarte Betreuungsumfänge (hier beispielhaft dargestellt für 6, 8 und 10 Stunden):
Im Hort-Bereich gilt der Regelanspruch von 4 Stunden. Hier gibt es keine weitere Differenzierung, wenn mehr oder weniger als 4 Stunden tägliche Betreuung vereinbart wurde.
Bei einem Jahreshaushaltsnettoeinkommen über 55.000,- Euro gelten die bisherigen Beitragssätze weiter. Im Sinne der mit dem Brandenburg-Paket beabsichtigten Entlastung der Eltern mit niedrigen Einkommen, nimmt die Begrenzung der Elternbeiträge durch das Landesrecht ab, je höher das verfügbare Elterneinkommen ist. Die darüberhinausgehenden Regelungsmöglichkeiten des Einrichtungsträgers (s. o.) werden durch die landesgesetzlichen Entlastungen nicht eingeschränkt. Bei einem Jahreshaushaltsnettoeinkommen über 55.000,- Euro muss der landesgesetzliche Einkommensbegriff nicht bei der Festlegung der Elternbeiträge beachtet werden.
Nach dem landeseinheitlichen Einkommensbegriff für die Prüfung der einkommensabhängigen Beitragsfreiheit oder -begrenzung ist das maßgebliche Elterneinkommen die Gesamtsumme der laufenden Netto-Einnahmen aller im Haushalt des Kindes lebenden Eltern. Eltern im Sinne dieser Vorschrift sind die Personen, die die elterliche Sorge gemäß § 1626 Abs. 1 BGB im Haushalt des Kindes tatsächlich gemeinsam ausüben. Eine Personensorgeberechtigung muss nicht bestehen.
Das Einkommen eines außerhalb des Kindeshaushalts lebenden personensorgeberechtigten Elternteils ist daher bei der Prüfung der einkommensabhängigen Beitragsfreiheit oder -begrenzung nicht heranzuziehen, auch wenn dieser Kostenschuldner des Elternbeitrages bleibt.
Wie bereits angesprochen, bietet das MBJS einen Online-Einkommensrechner an, mit dem das für die Beitragsentlastungen relevante Jahreshaushaltsnettoeinkommen entsprechend diesem Einkommensbegriff berechnet werden kann. Je nach Höhe des berechneten Einkommens ergibt sich, ob
- eine Beitragsbefreiung besteht,
- (und welche) Höchstgrenze für den Elternbeitrag gilt oder
- das Nettoeinkommen über der Befreiung oder der Begrenzung liegt.
Wenn Ihr Jahreshaushaltsnettoeinkommen in dem Bereich zwischen 35.000,- Euro und 55.000,- Euro liegt, wird durch den Einkommensrechner nur die zulässige Höchstgrenze ausgegeben. Es handelt sich dabei nicht um die Angabe eines konkreten Beitragsbetrages.
Nach der Berechnung soll das entsprechende Ergebnis angezeigt werden und als PDF-Datei gespeichert werden können, um z. B. das Ergebnis Ihrer Eingaben dem Einrichtungsträger vorlegen zu können. Dazu können Sie im letzten Schritt des Einkommensrechners Ihre persönlichen Angaben für dieses PDF-Dokument eingeben. Ihre Eingaben werden nicht gespeichert oder weitergeleitet, sondern lediglich für die automatisierte Erstellung der PDF-Datei verwendet, wenn Sie am Ende eine PDF erstellen wollen.
Da die Einrichtungsträger verpflichtet sind, die gesetzlichen Beitragsbefreiungen und -begrenzungen zu beachten, ist kein gesonderter Antrag der Eltern erforderlich. Sie müssen also erst einmal nichts unternehmen, wenn Sie von der neuen Beitragsfreiheit oder Begrenzung betroffen sind. Ihr Einrichtungsträger wird auf Sie zukommen, sobald sich etwas für Sie ändert.
Bitte beachten Sie, dass Sie auch weiterhin zur Mitwirkung hinsichtlich der Sozialleistung Kindertagesbetreuung verpflichtet sind. Daher besteht auch weiterhin die bundesgesetzliche Pflicht, die für die Berechnung des Elternbeitrages notwendigen Unterlagen und Nachweise vorzulegen. Tun Sie das trotz einer Nachforderung des Einrichtungsträgers nicht, können insbesondere die Beitragsbefreiungen bzw. Beitragsbegrenzungen keine Anwendung finden.
Wenn Sie weitergehende Fragen haben, empfehle ich Ihnen, sich die FAQ des
MBJS anzusehen oder sich an den Einrichtungsträger zu wenden, der für die Festlegung und Erhebung der Elternbeiträge zuständig ist. Für Fragen zu den landesrechtlichen Rahmenbedingungen und zum Einkommensrechner hat das MBJS ein Funktionspostfach eingerichtet:
elternbeitragsentlastung-kita@mbjs.brandenburg.de.
Ich hoffe, diese Erläuterungen geben Ihnen einen ausreichenden ersten Einblick in die neuen Regelungen. Trotz der aktuellen Krisenlage wünsche ich Ihnen ein frohes Weihnachtsfest und einen guten Rutsch ins hoffentlich friedlichere Jahr 2023.
Mit freundlichen Grüßen
Im Auftrag
Volker-Gerd Westphal
Ministerium für Bildung, Jugend und Sport