Bernau: Einen Fairness-Kodex für kommende Wahlkämpfe verabschiedeten am Gründonnerstag mehrere Bernauer Parteien und Wählergruppen. In diesem werden im Wege einer Selbstverpflichtung Grundregeln für einen fairen und von gegenseitigem Respekt getragenen Wahlkampf festgeschrieben.
Hintergrund ist eine seit einigen Monaten laufende Debatte mehrere politischer Akteure in Bernau, wie Hass und Hetze in der politischen Auseinandersetzung unterbunden werden können. Dass hier Handlungsbedarf besteht, bestätigte auch die jüngst vom Innenministerium veröffentlichte Studie des Change Centre Consulting. Hiernach ist in den vergangenen Jahren mindestens jeder dritte Kommunalpolitiker zur Zielscheibe von Beleidigung, Bedrohung, Sachbeschädigung oder körperlicher Gewalt geworden. Frauen sind in überdurchschnittlichen Maße betroffen.
Deswegen soll mit einem Fairness-Kodex beschrieben werden, wie trotz aller parteipolitischer Differenzen eine von Anstand und Respekt getragene Auseinandersetzung gestaltet werden kann. Er soll bereits zur kommenden Bürgermeisterwahl und sodann bei folgenden Wahlen gelten.
So sollen insbesondere persönliche Herabsetzungen, Angriffe auf Familien von Kandidaten, anonyme Denunziationen und jede Form extremistischer Äußerungen geächtet werden. Vor allem die Debatten in sozialen Netzwerken lassen diese Standards oft vermissen. Zugleich setzen die Unterzeichner voraus, dass bestehende Gesetze und Urteile im Hinblick auf die im Wahlkampf zu wahrende amtliche Neutralität beachtet werden.
Nach mehreren, über Monate währenden Gesprächen und die Auswertung von Studien haben sich die bisherigen Unterzeichner auf beigefügten Fairness-Kodex geeinigt. Alle anderen demokratischen Parteien und Wählergruppen Bernaus sind eingeladen und aufgerufen, diesem beizutreten.
Die Unterzeichner werden den Kodex beachten und setzen auf einen von Anstand geprägten Wahlkampf.
Der Fairness-Kodex im Wortlaut
Wir einigen uns für das Wahljahr 2022 auf folgende Leitlinien für einen fairen Wahlkampf:
1. Demokratie lebt vom Mitmachen. Wir ermuntern dazu, sich aktiv in die politischen Diskussionen einzubringen. Dabei soll in gegenseitigem Respekt voreinander um die richtigen Lösungen gerungen werden und mit offenem Visier gestritten werden. Jegliche Druckerzeugnisse von uns enthalten deshalb ein transparentes Impressum.
2. Wir beteiligen uns intensiv an allen Möglichkeiten, die sich für den demokratischen Wettstreit bieten. Wir gewähren insbesondere freien Zugang zu öffentlichen Online-Angeboten wie auch der Presse Zugang zu unseren öffentlichen Veranstaltungen.
3. Wir führen den Wahlkampf mit Fakten und Argumenten. Der bewussten Verbreitung von Falschmeldungen, gefälschten Zitaten, persönlichen Diffamierungen gegenüber Kandidaten und/oder deren Familienmitglieder (z.B. zu Aussehen, Geschlecht, sexuelle Orientierung, persönliche Hobbys/Vorlieben, Herkunft, Ausbildung) und Lügen stellen wir uns entschieden entgegen.
4. Wir informieren auf den sozialen Plattformen und setzen auf Dialog mit den Nutzer*innen.
Themenbezogene Werbe- und Unterstützer*innen-Aktionen durch gezieltes Ausspielen von politischen Positionen sind ein legitimes Mittel, um möglichst viele Menschen im Netz auf unsere Positionen hinzuweisen und in den Dialog zu treten. Wir gehen transparent damit um.
5. Wir setzen auf eine sachliche und respektvolle Diskussion in der realen und digitalen Welt. Antisemitische Stereotypen, rassistische, sexistische, verschwörungsideologische, verleumderische oder beleidigende Inhalte und gewaltverherrlichende Kommentare werden auf unseren Seiten nicht geduldet. Wir behalten uns rechtliche Schritte auch vor, wenn gegen das Recht am eigenen Bild oder Ton verstoßen wird oder um gegen die Verbreitung von Unwahrheiten vorzugehen.
6. Wir wollen die demokratische Auseinandersetzung stärken und lehnen daher Störaktionen und Beleidigungen gegenüber den demokratischen Mitbewerbern ab (z.B. bei Infoständen oder sonstigen Wahlkampfeinsätzen), wie auch Vandalismus an Wahlkampfplakaten.
Wir stehen für einen fairen Wahlkampf in Bernau bei Berlin.
Für die beteiligten Parteien und Vereinigungen
Maria Andrea Hüttinger
Cassandra Lehnert
Lars Stepniak-Bockelmann
Barbara Brecht-Hadraschek
Katharina Schreyer
Kim Stattaus
Anette Kluth
Péter Vida