Wir schreiben das Jahr 1903. Die Geschäftsführung der Triester Schiffslack-Firma Moravia Veneziani beschließt, eine Zweigstelle in England zu errichten. Der leitende Mitarbeiter Ettore Schmitz, der sich Italo Svevo nannte, fühlt sich verpflichtet, Englischstunden bei einem Iren zu nehmen. Dieser Herr war kein Geringerer als James Joyce, der, als Schriftsteller erfolglos, sein Geld als Englischlehrer verdiente.
`Was für ein großer Moment der Literaturgeschichte, als sich zwei Meister und Wegbereiter der modernen Weltliteratur einander als Englischlehrer und Englischschüler, als Geschäftsmann und Flüchtlingsexistenz, als erfolgloser Schriftsteller und erfolgloser Schriftsteller gegenüberstanden und bekannten: Auch ich schreibe. Auch mich liest kein Mensch. `(FAZ 2002)
Triest, Italien. 19. Jahrhundert.
Der junge Alfonso Nitti zieht von dem vom Zeitgeist abgehängten Lande in die moderne, weiße Hafenstadt, um dort in dem Bankhaus Maller sein Glück zu machen. Er findet sich in einer völlig neuen Welt wieder, in die er sich anfangs nur sehr schwer einfügen möchte.
Nachdem er merkt, wie sein Körper und Geist von dieser abstumpfenden Arbeit spürbar altern, begreift er sein Potenzial und den ihm geschenkten Intellekt und fühlt sich zu Großem berufen.
Von nun an studiert Senor Nitti jeden Abend nach der Arbeit in der Bibliothek, um irgendwann belesen genug zu sein, um an seinem eigenen Werk über die Moral zu schreiben und damit als großer Denker seiner Zeit aufzusteigen und die Gesellschaft zu belehren.
Die Besuche im Hause Maller führen für ihn zu vielen Selbsterkenntnissen und meißeln seine Vorstellung von Moral maßgeblich. Doch als er dem Ziel so nahe ist, beginnt der tragische Fall des Senor Nittis und sein Leben geriet durch äußere Einflüsse gänzlich aus den Fugen…
„Ein Leben“ ist das zum Zeitpunkt der Veröffentlichung völlig erfolglose Debüt des Triester Industriellen Ettore Schmitz aus dem Jahr 1892, der unter dem Pseudonym Italo Svevo schrieb.
Svevo schildert detailliert die Geschäftsprozesse und beschreibt die bürokratischen Arbeiten in einer Bank des späteren 19. Jh, die die Mitarbeiter bei ihren kläglichen Versuchen des Aufstieges umspinnen und zermürben auf eine geradezu künstlerische Weise. Er analysiert die gehobene Gesellschaft dieser italienischen Stadt haarscharf und legt diese Verstrickungen zwischen Gefühlen und Moral brillant dar. Neben dieser verwinkelten Handlung liegt die wahre Qualität aber ganz klar in der einzigartigen Kunst der Sprache des Autors und dem Vermögen, die Gefühle eines jungen Mannes so perfekt aufzugreifen und darzulegen, um im nächsten Moment alle seine Eingebungen mit neuen selbstauferlegten Maximen zu überschreiben.
– Ben Brauchler | Das Buch ist erhätlich in der Buchhandlung Wandlitz