Er ist damit eine Art Bindeglied zwischen dem Parlament und dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ). Im Heidekraut Journal spricht er über seine Arbeit, veränderungen im Parlamentswesen und seine Wünsche für die Zukunft.
Herr Zierke, als Parlamentarischer Staatssekretär sind Sie einer der wenigen Ostdeutschen innerhalb der Bundesregierung. Wie ist die Mentalität in der Bundesregierung?
Nach 30 Jahren Wiedervereinigung merkt man noch Unterschiede. Deswegen ist es wichtig, dass Ostdeutschland vertreten ist, um unsere Sichtweisen einzubringen. Die regionalen Identitäten und Eigenarten sind in Bayern halt anders als bei uns. Aber in der Arbeitsweise sind wir typisch deutsch: sachlich, pünktlich, korrekt. Die Zusammenarbeit ist sehr kollegial und freundlich, aber auch von den eigenen Parteistandpunkten geprägt. Letztlich entscheiden aber die Argumente und das Wohl für die Allgemeinheit.
Wie haben Sie die Corona-Krise erlebt?
Ich freue mich sehr, dass alle Barnimer und Uckermärker in der Zeit der Einschränkungen so gut mitgemacht haben. Dafür möchte ich mich herzlich bedanken! Politisch haben alle Ebenen sehr professionell zusammengearbeitet. Das waren turbulente, arbeitsreiche Tage. Aber die Koalition funktioniert gut – besser als ihr Ruf.
Abseits der Krise – wie kann man sich Ihren Arbeitsalltag vorstellen?
In den Sitzungswochen, wo Präsenzpflicht in Berlin ist, pendle ich zwischen Ministerium und Bundestag. Es gibt Rücksprachen mit unserer Familienministerin Franziska Giffey, mit meinem Büro und den einzelnen Abteilungen. Im Bundestag tagen dann die unterschiedlichen Gremien wie Fraktionsvorstand, Ausschüsse oder ich muss zu Anhörungen. Es finden auch viele Fachgespräche statt, für die ich immer gerne Fachleute oder Interessensgruppen aus der Uckermark und dem Barnim einlade, um unsere Sicht der Dinge darzulegen. Zwischendurch gibt es dann Rücksprachen mit dem Bundestagsbüro und viele Telefonate. So ein Tag kann dann schon mal 12 Stunden dauern.
Bleibt da noch Zeit für die Bürgerinnen und Bürger in ihrem Wahlkreis?
Definitiv. Wir haben im Jahr 22 Sitzungswochen in Berlin und rund 30 Wochen, in denen ich im Wahlkreis unterwegs bin. Außerdem erreichen mich viele Anfragen digital. Aber das Wichtigste sind die Wahlkreistouren. Ich bin viel unterwegs bei Vereinen, Unternehmen oder sozialen und kulturellen Einrichtungen. Ich will wissen, wo der Schuh drückt und was vor Ort gerade diskutiert wird. Beispielsweise geht es da um Reaktivierung von Bahnstrecken, Unterstützung bei Fördermitteln oder der Sanierung von Kultureinrichtungen. In Oderberg konnte ich erst vor kurzem ganze 803.000 Euro aus dem Bundestag für die einsturzgefährdete Kirche gewinnen. Eine richtig tolle Sache.
“Generell wird der Ton im Bundestag rauer. Teilweise wird geschimpft und gehetzt. Das ist der parlamentarischen Demokratie in meinen Augen nicht würdig. ”
Was macht Ihnen am meisten Freude als Bundestagsabgeordneter?
Am Schönsten ist es, wenn ich vor Ort bin, Menschen treffe und von den regionalen Ideen, Projekten und Initiativen erfahre. Dann nehme ich einen klaren Auftrag mit nach Berlin, um zu helfen. Da werden dann viele Briefe geschrieben und Überzeugungsarbeit geleistet. Wenn die Projekte dann klappen und Geld in die Region fließt, habe ich mein Ziel erreicht. Sei es für Infrastruktur (da bekommt Brandenburg zum Beispiel bis 2031 zusätzlich rund 255 Millionen Euro für den Schienennahverkehr), den Finowkanal oder wenn Projekte aus dem Wahlkreis Bundespreise gewinnen wie die Gruppe „Bands auf festen Füßen“ aus Joachimsthal. Das sind besondere Momente, wo ich stolz bin, Abgeordneter für meine Region zu sein.
Welche Veränderungen haben Sie persönlich im politischen Betrieb wahrgenommen.
Generell wird der Ton im Bundestag rauer. Teilweise wird geschimpft und gehetzt. Das ist der parlamentarischen Demokratie in meinen Augen nicht würdig. Sich nur am Pult des Bundestages zu präsentieren, um danach Klicks im Internet zu bekommen, ist eine Unart. Natürlich ist die Politik auch von der Digitalisierung und der Schnelllebigkeit berührt. Teilweise erreichen mich am Tag 100 bis 200 E-Mails. Da muss man dann schon genau hinschauen, Sachen hinterfragen und eben priorisieren.
Und ihre drei Wünsche für die Zukunft.
Ich wünsche mir einen starken gesellschaftlichen Zusammenhalt, ein starkes Ehrenamt und einen respektvollen Umgang miteinander. Deutschland ist ein wohlhabendes Land – wir kommen gut aus der Corona- Krise. Manchmal habe ich aber den Eindruck, dass einige wenige Menschen grundsätzlich unzufrieden sind, obwohl wir für alle gesellschaftlichen Bereiche viel tun. Man muss den Blick nur einmal über den Tellerrand werfen und dann sehen wir, dass es uns doch im Wesentlichen ganz gut geht. Verglichen zu 1990 haben wir uns doch in unserer Region gut entwickelt: Die Arbeitslosenzahlen sind gesunken, der Tourismus ist ein wichtiger Wirtschaftsfaktor geworden und die Wohn- und Lebensqualität hat sich bei jedem spürbar verbessert. Deswegen wünsche ich mir ein wenig mehr Optimismus und Stolz.
Vielen Dank für das Gespräch, Herr Zierke.
Immer wieder gerne.