Vor 80 Jahren, am 7. September 1943, wurden vier Männer aus Lobetal im Strafgefängnis Berlin-Plötzensee hingerichtet. Ein NS-Sondergericht verurteilte Hans Festersen, Ernst Hirning, Fritz Lemme und Fritz Riemann im Jahre 1942. Ihr „Verbrechen“: Sie hatten eine homosexuelle Orientierung. Auf sie wurde §175, der gleichgeschlechtliche Handlungen von Männern als Vergehen unter Androhung einer Geld- oder Freiheitsstrafe verbot, angewendet. Am 13. Juli 1943 wurden die Todesurteile gefällt. Am 7. September 1943 wurden die Urteile im Strafgefängnis Berlin-Plötzensee vollstreckt.
Mit der Verlegung von Stolpersteinen am 7. September um 16:00 Uhr im Lobetal gedenkt die Hoffnungstaler Stiftung Lobetal dieser vier Männer.
Zu der Zeit war Pastor Paul Braune Anstaltsleiter. In der Nazizeit kämpfte er gegen die Krankenmorde im Rahmen der sogenannten Euthanasie. Paul Braune nahm Menschen hier in Lobetal auf, die an anderen Orten nicht mehr sein konnten, weil die Nazis sie verfolgten und sie um ihr Leben bangen mussten. Unter anderem waren es auch Männer mit homosexueller Orientierung.
1941 erließen die Nazis ein perfides Gesetz. Sogenannte „Gefährliche Gewohnheitsverbrecher“ und „Sittlichkeitsverbrecher“ konnten zum Tode verurteilt werden, „wenn der Schutz der sogenannten Volksgemeinschaft es erforderte“. Der Willkür war Tür und Tor geöffnet. Denunziation oder Verdacht reichten aus. Verhöre, Folterungen, Kastrationen („freiwillig“), Gefängnis, Zuchthaus und KZ-Deportationen oder Verbringung in Euthanasie-Anstalten oder den sozialen Tod im beruflichen und privaten Umfeld durch ein „Outing“ im Zusammenhang mit der juristischen Verfolgung überlebten viele nicht.
Mit dieser Veranstaltung soll auch ein Zeichen gesetzt werden gegen Homophobie und für Vielfalt. Die Gedenkveranstaltung wird unter anderem gestaltet von Jugendlichen der Jungen Gemeinde Lobetal.
Bereits vor gut einem Jahr wurden Stolpersteine für Menschen jüdischer Herkunft verlegt, die in Konzentrationslagern ermordet wurden bzw. im Warschauer Ghetto starben.
Die Aktion Stolpersteine geht zurück auf Gunter Demnig. Er hat dieses Projekt 1996 ins Leben gerufen. Bisher wurden ca. 100.000 Steine in 24 Ländern Europas verlegt. Damit sind die Stolpersteine das größte dezentrale Mahnmal der Welt.
Ort und Zeit der Gedenkveranstaltung
7. September 2023
16:00 Uhr
Hoffnungstaler Stiftung Lobetal
Bodelschwinghstraße 18 a-c an der Christusstatue
16321 Bernau – Ortsteil Lobetal
Ablauf
Beginn 16 Uhr
- Begrüßung und Bedeutung für die Hoffnungstaler Stiftung Lobetal, Geschäftsführer Martin Wulff
- „Homosexualität und deutsche Gesellschaft im 20. Jahrhundert“, Prof. Dr. Michael Schwartz, Institut für Zeitgeschichte
- Theologische Perspektive, Theologische Geschäftsführerin Andrea Wagner – Pinggéra
- Perspektive der Kirche, Pröbstin der Evangelsichen Kirchen Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz, Christina-Maria Bammel
- Persönliche Perspektive, Rainer Schubert; Mitarbeiter der Hoffnungstaler Stiftung Lobetal
ab 17.15 Uhr
- Verlegung und Gedenken der Ermordeten Hans Festersen, Ernst Hirning, Fritz Lemme, Fritz Riemann mit Verlesen der Biografien und dem Niederlegen von Rosen
Ende gegen 18.15 Uhr