Eberswalde: Die Palliativmedizin betreut unheilbar schwerstkranke und sterbende Menschen mit dem primären Ziel, eine bestmögliche Lebensqualität zu erreichen. Die Palliativversorgung kann zu Hause, im Krankenhaus, im Pflegeheim oder im Hospiz erfolgen – Versicherte haben darauf einen gesetzlichen Anspruch. Das GLG Werner Forßmann Klinikum in Eberswalde richtet derzeit ein Interdisziplinäres Palliativzentrum ein. Mit welchem Ziel und welche Möglichkeiten sich daraus ergeben, war in einem Gespräch mit Oberarzt Bernd Himstedt, Ärztlicher Leiter der Palliativmedizin, zu erfahren.
Was leistet die Palliativmedizin im Eberswalder Klinikum heute?
Sie steht in Verbindung zu allen Fachbereichen des Krankenhauses und arbeitet in enger Abstimmung mit diesen. Es geht darum, die bestmögliche Lebensqualität für die unheilbar erkrankten Patienten zu erreichen, die sich auf den Stationen der primär behandelnden Abteilungen befinden. Häufig haben die Patienten eine Lebenserwartung von nur wenigen Wochen oder Monaten. Grundsätzlich kommt Palliativversorgung aber immer bei hoher Symptomlast in unheilbarer, fortschreitender Krankheitssituation zum Einsatz, auch wenn der Tod noch nicht kurzfristig zu erwarten ist. Dabei werden medikamentöse und nicht-medikamentöse Therapien für körperliche, seelische, soziale und spirituelle Probleme eingesetzt. Bereits heute arbeitet dazu ein erfahrenes und engagiertes multiprofessionelles Team. Wichtig ist es auch, die Angehörigen einzubeziehen. Denn nicht nur die Patienten, sondern auch ihre Angehörigen sind in allen Bereichen ihres Lebens, oft auch finanziell, sehr belastet. Das familiäre System individuell zu entlasten und für die weitere Betreuung zu stärken, ist Aufgabe des Teams.
Um eine so komplexe Aufgabe erfüllen zu können, sind besondere Rahmenbedingungen und Qualifikationen nötig. Was ist anders als in anderen Bereichen und Abteilungen?
Da schwerkranke Patienten für alles mehr Zeit brauchen als weniger kranke Menschen, ist der Rhythmus einer Palliativstation ruhiger. Grundpflege als intensive Zuwendung, ausführliche Gespräche und Visiten nehmen einen großen Raum ein. Eine höhere Personaldichte als auf einer peripheren Station ermöglicht eine intensivere Betreuung. Das Team einer Palliativstation aus Ärzten, Pflegekräften, Physiotherapeuten, dem Sozialdienst, Psychologen, Ergotherapeuten, Logopäden, Seelsorgern, Ernährungsberatern, Musiktherapeuten sowie Ehrenamtlern kann sich ganz auf die individuellen Gegebenheiten der Patienten einstellen. Viele Patienten sind mobilitätseingeschränkt, andere fest bettlägerig. Sie leiden unter Schmerzen, Luftnot, Problemen mit der Nahrungsaufnahme, sind emotional stark belastet. Oft haben Patienten und Angehörige durch negative Erfahrungen im Laufe der Krankengeschichte das Vertrauen in die Zuverlässigkeit der Versorgung verloren. Dies gilt es, wieder aufzubauen. Nur das enge Zusammenwirken aller Fachkräfte stabilisiert Patienten und Angehörige. Wenn es gelingt, Patienten in dieser schwierigen Phase Halt zu bieten, die belastenden Symptome zu lindern und für ihre weitest gehende Autonomie zu sorgen, kann das eine sehr erfüllende Aufgabe sein. Sie verlangt von den Beteiligten die Bereitschaft zur Auseinandersetzung mit Sterben, Tod und Trauer, Kompetenzen im Umgang mit Krisensituationen, ausgeprägte Fähigkeiten in der Kommunikation und natürlich Bereitschaft zur Teamarbeit.
Im Herbst soll ein Interdisziplinäres Palliativzentrum mit einer Palliativstation eröffnen. Was wird dadurch anders?
Wir setzen damit unseren Anspruch um, für Patienten und Angehörige auch in dieser schwierigen Situation, auch bis ans Ende des Lebens, ein verlässlicher Ort der kompetenten Versorgung und sicheren Begleitung zu sein. Es gibt in Eberswalde und Umgebung bereits ein starkes Netzwerk an palliativen Angeboten. Mit der Einrichtung des Interdisziplinären Palliativzentrums füllen wir die noch bestehende Lücke im stationären Bereich. Im Klinikum wird auf Station 19 eine Palliativstation mit zehn Betten eingerichtet, die der Kompetenz- und Organisationskern des Palliativzentrums sein wird. Der Pflegerische Palliative Konsildienst dient als Brücke zwischen Palliativstation und den peripheren Stationen. Der Ausbau zu einem multiprofessionellen standortübergreifenden Palliativdienst wird angestrebt. Dabei soll die Zusammenarbeit mit den palliativ Tätigen im gesamten GLG-Verbund und mit den externen Kooperationspartnern erweitert und vertieft werden. Ein wichtiger Aspekt sind auch Angebote zur Weiterbildung in palliativen Inhalten für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aller Bereiche durch das Palliativzentrum. An dieser Stelle sei gesagt: Gern nehmen wir auch noch interessierte Fachkräfte, vor allem Pflegende, ins Team auf und freuen uns über entsprechende Bewerbungen! Unterm Strich soll mit Hilfe des Zentrums über die flächendeckende Präsenz des GLG-Verbunds in der Region die wohnortnahe und indikationsgerechte Palliativbetreuung unabhängig von der Art der Grunderkrankung verbessert werden.
Vielen Dank für das informative Gespräch.