Bernau: Mehr als 120 Bernauerinnen und Bernauer folgten der Einladung der Gleichstellungsbeauftragten der Stadt Bernau, Fanny Behr, zum Film- und Diskussionsabend am 7. März. „Am Abend vor dem Frauentag wollen wir uns der Gleichstellung der Frau in der ehemaligen DDR widmen. Bereits im vergangenen Jahr hatten wir den ersten Teil des Films „Die Unbeugsamen“ zur politischen Gleichstellung der Frau in den alten Bundesländern angesehen. Heute schauen wir zusammen auf die andere Seite und ich freue mich, heute noch mehr Gäste begrüßen zu können. Das zeigt, das Interesse am Thema Gleichstellung ist groß und zwar über den symbolischen Feiertag hinaus“, begrüßte Bernaus Gleichstellungsbeauftragte die zahlreichen Gäste im Bürgersaal des Neuen Rathauses.
„Die Unbeugsamen 2. Guten Morgen, Ihr Schönen!“ lautet der aktuelle Film von Regisseur Torsten Körner. Wie schon im ersten Teil blickt er dokumentarisch auf das Geschehene und lässt Zeitzeuginnen über Erlebtes berichten. „Ich kann gar nicht sagen, welcher Teil besser ist. Beide Filme haben mich sehr bewegt. Im aktuellen Film über die Geschichte der Gleichstellung in der DDR geben die tollen Bilder, die beeindruckende Musik dem Film noch eine weitere besondere Note“, so Moderatorin Amelie Ernst. Nach der Filmvorführung befragte sie vier Bernauer Frauen zum Film und zu den eigenen Erlebnissen. Zu den Gästen im Podium gehörten Dr. Birgit Schädlich vom Vorstand des Vereins Bildung – Begegnung – Zeitgeschehen Bernau, die freischaffende Künstlerin Annelie Grund, Birgit Lembke-Steinkopf, die seit 30 Jahren im Bernauer Beirat für Menschen mit Behinderung aktiv ist und Sabine Rakitin, Redakteurin und langjährige Leiterin der MOZ-Lokalredaktion Bernau. Alle vier Frauen berichteten, dass sie bereits als Schülerinnen Ferienjobs nachgingen, um die Haushaltskasse der Familie mit zu füllen. „Meine Mutter war alleinerziehend und es fehlte an allen Ecken und Enden. Als 14-Jährige war ich da schon beim Kraftverkehr arbeiten und habe in den Ferien teilweise mehr verdient als meine Mutter“, erinnerte sich Birgit Lembke-Steinkopf.
Das Thema Arbeit dominierte nicht nur den Film, sondern auch die gesamte Diskussion. „Dass Frauen arbeiten gingen, war damals selbstverständlich. Meine Mutter war arbeiten, meine Oma war arbeiten, trotzdem waren sie für uns da“, erinnerte sich Dr. Birgit Schädlich und unterstrich das im Film postulierte „Hoch auf die Omas“. Künstlerin Annelie Grund machte jedoch noch einmal auf den hohen Druck aufmerksam, der auf Frauen lag: „Mir ging es so, wie den Frauen im Film. Wir Frauen mussten mindestens genauso gut, wenn nicht sogar besser sein als die Männer, um Aufträge zu bekommen.“
Insgesamt blickten die vier Bernauerinnen mit einem positiven Blick auf das Vergangene zurück. „Heute empfinden wir etliche Dinge eher als Rückschritt oder zumindest als Stillstand, zum Beispiel die Doppelbelastung der Frau, die Kita-Betreuungszeiten oder die Entlohnung“, sagten die vier unisono.
Den Film- und Diskussionsabend organisierte die Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Bernau als Auftakt der 35. Brandenburgischen Frauenwoche, die in diesem Jahr unter dem Motto „Trotz(t)dem“ steht. Denn Frauenpolitische und gleichstellungspolitische Akteurinnen und Akteure erleben zunehmend Angriffe und Rechtfertigungsdruck. Damit einhergehend verändern sich die Diskurse und Argumente allgemein in eine ausgrenzende Richtung. „Auch in Bernau wollen wir mit solchen Veranstaltungen etwas gegen diesen Verrohungstrend setzen. Und wir freuen uns, dass die Themenabende so gut angenommen werden. Wir hoffen natürlich, dass alle Gäste – weiblich wie männlich – als Multiplikatoren agieren und so dafür sorgen, dass Bernau eine tolerante Stadt für alle bleibt“, so Gleichstellungsbeauftragte Fanny Behr.