In Zeiten einer gestiegenen Konkurrenz auf dem Arbeitsmarkt will das Land Brandenburg mit einer ganzen Reihe von Maßnahmen für Fachkräfte noch attraktiver werden. Das ist das Ziel eines umfangreichen Maßnahmenpaketes, auf das sich das Land Brandenburg und die Spitzengewerkschaften des öffentlichen Dienstes nach mehrwöchigen Verhandlungen gestern Nacht (17.10.2023) verständigt haben. So soll es künftig möglich sein, mehr Fachkräften zusätzlich zur Besoldung einen Personalbindungszuschlag zu zahlen. Ferner sieht das Maßnahmenpaket vorbehaltlich der Zustimmung des Landtages unter anderem vor, dass Lehrkräfte für freiwillige Zusatzstunden über ihre Pflichtstundenzahl hinaus eine Ausgleichszahlung erhalten. Die schon bestehende Polizeizulage und die Zulagen für Finanzbeamte im Außendienst sollen erhöht und das Eingangsamt für den mittleren allgemeinen Verwaltungsdienst angehoben werden. Ferner wird das Einkommen von Ruhestandsbeamtinnen und Ruhestandsbeamten, die wieder im Land Brandenburg arbeiten, um einen dringenden Bedarf abzudecken, unter bestimmten Voraussetzungen nicht mehr auf die Pension angerechnet.
Innenminister Michael Stübgen hob als Verhandlungsführer nach den mehrwöchigen Verhandlungen hervor: „Die Verhandlungen waren lang und erfolgreich. Mit der Einigung ist ein guter und tragfähiger Kompromiss gefunden worden, um Fachkräfte zu gewinnen und zu halten. Als Innenminister freue ich mich insbesondere, dass die Polizeizulage auf bis zu 200 Euro erhöht wird. Unsere Polizistinnen und Polizisten leisten jeden Tag herausragende und herausfordernde Arbeit. Da ist die Erhöhung der Zulage eine umso wichtigere Botschaft an unsere Polizei.“
Nach Aussage von Finanzministerin Katrin Lange ist das finanzielle Ausmaß der vereinbarten Regelungen derzeit schwer abschätzbar, da es bei einem Großteil der Maßnahmen auf die weitere Ausgestaltung ankommt beziehungsweise es davon abhängt, wie viele Beschäftigte eine Maßnahme in Anspruch nehmen. Für bereits quantifizierbare Maßnahmen wird nach überschlägigen Berechnungen von einem Volumen von circa 5,2 Millionen Euro im Haushaltsjahr 2024 und von rund 15,8 Millionen Euro ab dem Jahr 2025 ausgegangen. Das konkrete finanzielle Ausmaß wird sich erst im Rahmen der Umsetzung und der Inanspruchnahme der einzelnen Maßnahmen zeigen. Zusätzlich müsse das Land die Haushaltsmittel für die zu erwartende Tarifeinigung und der ebenfalls vereinbarten zeit- und wirkungsgleichen Übernahme des Ergebnisses auf die Beamtinnen und Beamten sowie auf die Pensionärinnen und Pensionäre des Landes aufbringen.
Die Finanzministerin wies darauf hin, dass die erzielte Vereinbarung mit den Brandenburger Gewerkschaften „selbstverständlich zusätzliche Belastungen für den Landeshaushalt“ bedeute. „Trotzdem halte ich sie alles in allem für fair und gut vertretbar. Ein starker Staat muss auch in Zukunft ausreichend Fachkräfte gewinnen und an sich binden. Das ist in den letzten Jahren deutlich schwerer geworden, aber dieser Aufgabe stellen wir uns. Natürlich spüren wir in Zeiten einer stagnierenden Konjunktur und einer nach wie vor hohen Inflation mit steigenden Kosten auch für das Land solche Ausgaben deutlich. Aber am Ende ist die Einigung von gestern Nacht ein fairer Kompromiss zwischen allen Beteiligten und wichtig im Wettbewerb um die besten Köpfe. Insofern meine ich, dass die Tarifpartner heute einen vernünftigen und vertretbaren Kompromiss erzielt haben.“
Bildungsminister Steffen Freiberg unterstrich die Bedeutung des Verhandlungsergebnisses, um ausreichend Lehrkräften für das Land Brandenburg zu halten und gewinnen zu können: „Die Einigung mit den Gewerkschaften ist ein immens wichtiger Schritt, für mehr Unterricht in Brandenburg zu sorgen. Ein gemeinsam getragener Anreiz zur längeren Unterrichtstätigkeit erfahrener Lehrkräfte, faire Bezahlung für freiwillig zusätzlichen Unterricht sowohl während der Tätigkeit als auch zusätzliche Anreize für bereits im Ruhestand befindliche Lehrkräfte und mittelfristig die Einrichtung von Arbeitszeitkonten auch für beamtete Lehrkräfte sind nur einige der Punkte, die wir vereinbaren konnten. Ich werbe sehr dafür, sich die neuen Angebote genau anzusehen und auch anzunehmen.“
Die verdi-Gewerkschaftssekretärin Berlin-Brandenburg unter anderem für die Landesverwaltung Brandenburg, Katja Boll, sagte zu dem Maßnahmenpaket: „ver.di begrüßt die wichtigen Schritte zur Steigerung der Attraktivität in der Landesverwaltung. Die Anhebung des Eingangsamtes von A 6 auf A 7 des mittleren allgemeinen Verwaltungsdienstes, die Bekräftigung zur Nutzung von Personalbindungs- und gewinnungszuschlägen und die Finanzierung des Gesundheitsmanagements zeigen einen gemeinsamen Weg, der zur Stärkung der Landesverwaltung notwendig ist. Die Zusage der zeit- und wirkungsgleichen Übernahme des Tarifergebnisses auf die Beamt:innen und Versorgungsempfänger:innen ist das richtige Signal in herausfordernden Zeiten.“
„Nach intensiven Gesprächen mit der Landesregierung konnte in den verschiedensten Bereichen für die Beschäftigten der Landesverwaltung ein umfassendes Paket zur Erhöhung der Attraktivität der Arbeitsbedingungen geschnürt werden“, so Detlef Daubitz, Verhandlungsführer für den dbb beamtenbund und tarifunion. „So wurden unter anderem im Bereich der Polizei, der Lehrkräfte und der Steuerverwaltung viele dringend notwendige Verbesserungen erreicht. Auch für die Weiterentwicklung des TV Umbau II und die Modernisierung der Verwaltung des Landes Brandenburg wurden zukünftige wichtige Weichen gestellt. Das ist ein wirklich gutes Ergebnis, das sich sehen lassen kann!“, sagte Daubitz zum Abschluss der Gesprächsrunde.
Anita Kirsten, Landesbezirksvorsitzende Brandenburg der Gewerkschaft der Polizei, betonte: „Die Zusage zur Erhöhung der Polizeizulage und die Neueinführung zwei neuer Zulagen in Bereichen, in denen unsere Kolleginnen und Kollegen unter großer Belastung stehen, ist ein wichtiges Signal für unsere Kolleginnen und Kollegen in der Polizei. Die intensive Vorarbeit der vergangenen Monate hat gezeigt, wie wichtig es ist als Gewerkschaft am Ball zu bleiben und wir freuen uns über das wichtige Signal und darüber hinaus, dass wir im Austausch bleiben zu Themen, die die Arbeit in der Polizei des Landes Brandenburg attraktiver machen.“
Günther Fuchs, Landesvorsitzender der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft Brandenburg: „Mit der heutigen Einigung sind notwendige Voraussetzungen geschaffen worden, die sicherstellen, dass es in auch in schwierigen Zeiten gelingen kann, den Unterricht an den Schulen des Landes Brandenburg besser absichern zu können. Zugleich werden die Verhandlungen zu wichtigen Fragen, wie zum Beispiel die spürbare Entlastung der Schulen und die Weiterentwicklung der Angebote der Nachqualifizierung der Lehrkräfte mit Seiteneinstieg, zeitnah fortgeführt. Mit dem Verhandlungsergebnis wurde der „brandenburgische Weg“ des gemeinsamen Suchens nach Lösungen weiter beschritten und zugleich zukünftige Lösungsoptionen eröffnet. Es kommt jetzt darauf an, bei den Lehrkräften für die Inanspruchnahme der Angebote gemeinsam zu werben.“
Michael Schmitt, Fachreferent der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU), sagte: „Mit diesem Verhandlungsergebnis hat das Land Brandenburg gemeinsam mit den Gewerkschaften einen weiteren wesentlichen Schritt hin zu einem attraktiven Arbeitgeber gemacht.“ Er verwies darauf, dass sich das Land mit der IG BAU im November 2022 auf ein umfassendes Maßnahmenpaket für die Beschäftigten des Landesbetriebs Forst Brandenburg geeinigt hatte. Schmitt hob besonders die Zusage hervor, dass das Land das Verhandlungsergebnis zur Tarif- und Besoldungsrunde für den öffentlichen Dienst der Lände zeit- und wirkungsgleich auf die Beamtinnen und Beamten sowie Versorgungsempfängerinnen und Versorgungsempfänger übertragen wird.
Um ausreichend Fachkräfte halten beziehungsweise für das Land Brandenburg gewinnen zu können, sieht das Paket vorbehaltlich der Zustimmung des Landtages eine ganze Reihe von Maßnahmen vor. So sichert die Landesregierung Brandenburg zu, das kommende Ergebnis der Tarifverhandlungen für den öffentlichen Dienst der Länder zeit- und wirkungsgleich auf die Beamtinnen und Beamten sowie auf die Pensionärinnen und Pensionäre des Landes zu übertragen. Die Tarifverhandlungen für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) beginnen in Kürze, am 26. Oktober 2023.
Die Tarifverhandlungen für den öffentlichen Dienst der Länder werden somit für alle Beschäftigten des Landes Verbesserungen mit sich bringen, ebenso wie die gestrige Festlegung zu einem betrieblichen Gesundheitsmanagement. Die Landesregierung stellt dafür ab 1. Januar 2025 50,00 Euro je Vollzeiteinheit zunächst für die Dauer von drei Jahren zweckgebunden bereit.
Die Möglichkeiten sogenannte Personalgewinnungs- und Personalbindungszuschläge für Beamtinnen und Beamte zu zahlen, werden ausgeweitet und stärker an die Regelungen für die Tarifbeschäftigten angeglichen. Damit eine Personalbindungszulage künftig auch an Beamtinnen und Beamte gezahlt werden kann, die von einem geplanten vorzeitigen Ruhestand Abstand nehmen oder diesen verschieben, kündigt die Landesregierung an, das Brandenburgische Besoldungsgesetz entsprechend zu ändern. Die Personalgewinnungs- und Personalbindungszuschläge für alle Fallgestaltungen dürfen monatlich 20 Prozent des Anfangsgrundgehalts der entsprechenden Besoldungsgruppe nicht übersteigen. Der bisher mögliche Höchstbetrag der Zuschläge wird somit verdoppelt.
Ferner sieht das Maßnahmenpaket vor, dass Lehrkräfte für freiwillige Zusatzstunden über ihre Pflichtstundenzahl hinaus eine Ausgleichszahlung erhalten. Jede Zusatzstunde soll mit dem auf eine Unterrichtsstunde entfallenden Anteil der Besoldung vergütet werden. Die Vereinbarung von Zusatzstunden setzt in jedem Einzelfall ein zu dokumentierendes dienstliches Erfordernis voraus und muss mindestens für ein Schulhalbjahr geschlossen werden. Zusatzstunden können bis maximal zur Höchstgrenze von 30 Lehrerwochenstunden geleistet werden. Die Regelung ist zunächst befristet bis zum 31. Dezember 2030. Die Landesregierung sichert außerdem zu, die Unterrichtsverpflichtung für Lehrkräfte bis zum 30. Juni 2025 nicht zu verändern.
Ferner wird das Einkommen von Ruhestandsbeamtinnen und Ruhestandsbeamten, die im dringenden dienstlichen Interesse wieder im Land Brandenburg arbeiten, um einen dringenden Bedarf abzudecken, nicht mehr auf die Pension angerechnet. Das Brandenburgische Beamtenversorgungsgesetz soll möglichst ab dem 1. August 2024, spätestens aber ab 1. Januar 2025 um eine auf sieben Jahre befristete Regelung ergänzt werden. Damit soll die kurzfristige Gewinnung von pensionierten Beamtinnen und Beamten für eine Erwerbstätigkeit in der unmittelbaren und mittelbaren Verwaltung des Landes Brandenburg erleichtert werden.
Die schon bestehende Polizeizulage soll zum 1. August 2024 erhöht werden:
- nach einer Dienstzeit von einem Jahr auf monatlich 100,00 Euro,
- nach einer Dienstzeit von zwei Jahren auf monatlich 200,00 Euro.
Ferner sollen Polizeivollzugsbeamtinnen und -beamte, die überwiegend für die Aufklärung von sexuellem Missbrauch von Kindern oder Kinder- und Jugendpornografie verwendet werden, möglichst ab dem 1. August 2024, spätestens aber ab 1. Januar 2025 eine monatliche Erschwerniszulage in Höhe von 150,00 Euro erhalten. Das Gleiche ist für Polizeivollzugsbeamtinnen und -beamte vorgesehen, die dienstlich veranlasste ausländerrechtliche Rückführungsmaßnahmen oder Überstellungen von Personen im Rahmen der internationalen Rechtshilfe auf dem Luftweg begleiten. Sie erhalten möglichst ab dem 1. August 2024, spätestens aber ab 1. Januar 2025 eine Zulage von 70,00 Euro (bei einer innereuropäischen Rückführung) beziehungsweise von 110,00 Euro (bei einer außereuropäischen Rückführung).
Für Finanzbeamtinnen und Finanzbeamte soll die Außendienstzulage von bisher 17,05 Euro (mittlerer Dienst) beziehungsweise 38,35 Euro (gehobener Dienst) auf einheitlich 80,00 Euro möglichst ab dem 1. August 2024, spätestens aber ab 1. Januar 2025 erhöht werden.
Ferner wird zum 1. Januar 2025 das Eingangsamt für den mittleren allgemeinen Verwaltungsdienst von der Besoldungsgruppe A 6 auf A 7 angehoben.
Zum Maßnahmenpaket gehört auch die Zusicherung der Landesregierung, den Zweiten Tarifvertrag über Maßnahmen zur Begleitung des Umbaus der Landesverwaltung Brandenburg (TV Umbau II) vom 21. November 2017 in der Fassung des 3. Änderungstarifvertrages vom 15. Dezember 2022 extern evaluieren zu lassen. Dabei soll im Fokus stehen, ob und inwieweit der TV Umbau II weiterentwickelt werden muss, um den Veränderungen der Arbeitswelt durch die Digitalisierung Rechnung zu tragen.
Für das Land Brandenburg sind rund 34.100 Beamtinnen und Beamte sowie weitere rund 27.300 Tarifbeschäftigte tätig. Dazu gehören auch die Beschäftigten der Hochschulen im Land. Ferner wirken sich die Vereinbarungen teilweise auch auf die rund 17.500 Pensionärinnen und Pensionäre des Landes aus.