„Wer Visionen hat, soll zum Arzt gehen.“
Dies hat ein großer Sozialdemokrat gesagt (der im Himmel hoffentlich paffen darf). Fast vierzig Jahre später hat er den Satz erklärt:
„Da wurde ich gefragt: Wo ist Ihre große Vision? Und ich habe gesagt: Wer eine Vision hat, der soll zum Arzt gehen. Es war eine pampige Antwort auf eine dusselige Frage.“
Damals wie heute gibt es Krisen, die unmittelbares und problemorientiertes Handeln erfordern. Dementsprechend kommt es leider dazu, dass wir in der großen wie in der kleinen Politik nicht immer komplett unsere langfristigen Ziele abarbeiten können.
Doch es schadet nicht, eine Vision zu haben. Ich stelle mir Bernau 2030 so vor:
Die Bernauerinnen und Bernauer sind bestens über die Angebote und Projekte der Stadt informiert und bringen Ihr Wissen gerne ein. Die Ideen aus den Familienforen, Elternwerkstätten, Jugendkonferenzen, Seniorenstammtischen, Stadtspaziergängen und Unternehmensbesuchen zeigen, dass Lösungen manchmal nicht so fern oder umständlich sind. Kleine und große Probleme gehen wir gemeinsam an. Dieses Miteinander hat zu vielen neuen Kooperationen zwischen Schulen, Vereinen, Unternehmen, Verbänden und anderen Ehrenamtlichen geführt.
Zum Rathaus muss man selten, da alle Anträge und Formulare in Web und App abgewickelt werden können. Hilfe gibt es online mit Videoanleitungen sowie offline weiterhin in der Stadtverwaltung. Den beantragten Personalausweis oder Reisepass kann man rund um die Uhr abholen: der „Ausweis-Automat“ ermöglicht das (den haben wir uns von Grevenbroich abgeschaut). Vor allem die Pendlerinnen und Pendler freut das. Denn wir sind nach wie vor eine Pendlerstadt, konnten aber die rund 13.000 Auspendler auf 10.000 reduzieren. Das ist erfreulich, da wir schließlich durch die Bebauung an der Schwanebecker Chaussee enorm gewachsen sind.
Das Verkehrschaos blieb aus, da wir zusammen eine Verkehrsstrategie erarbeitet haben: bessere Taktung im ÖPNV, Einsatz selbstfahrender Busse, Ausbau der Rad(schnell)wege und eine fußgängerfreundliche Stadtplanung für Jung und Alt. Natürlich wird noch Auto gefahren, aber weniger. Dadurch sanken der Lärmpegel und die Abgasbelastung. Unsere Ampeln haben nicht nur eine Countdown-Anzeige wie in Stettin, die bis zum Ende der Rot- bzw. Grünphase herunterzählen, sie können auch den Verkehrsfluss erkennen und intelligent darauf reagieren.
So sind wir auch mit der Energiewende umgegangen. Wir haben energieeffiziente Sanierungspläne für öffentliche und private Gebäude mit den lokalen Akteuren erarbeitet. Die Begrünung sowie die (Bürger)Solaranlagen auf den Dächern und an den Fassaden haben ebenso geholfen. Nicht zuletzt war es ein enormer Schritt, dass wir gemeinsam mit der Wobau und den Stadtwerken einen kommunalen Wärmeplan aufgestellt und umgesetzt haben (bevor es auch in Brandenburg pflichtig wurde). Wenn wir so weitermachen, werden wir 2035 die erste klimaneutrale Stadt in Brandenburg sein. Unsere Kinder und Enkel werden uns danken, dass wir 2022 die Weichen gestellt haben.
Zukunft wartet nicht.
Ihr Lars Stepniak-Bockelmann