Die Alleen stärken und den Alleenreichtum in Brandenburg erhalten: Das ist das große Ziel der neu ausgerichteten Alleenkonzeption, die das Kabinett verabschiedet hat.
Verkehrsminister Rainer Genilke betonte im Anschluss an die Sitzung: „Brandenburg ist das alleenreichste Bundesland. Alleen prägen unsere Landschaft. Sie sind ein Markenzeichen für unser Land, das es zu erhalten gilt. Das ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, der sich die Landesregierung seit vielen Jahren stellt. Alleen und Baumreihen leisten einen wertvollen Beitrag zum Natur- und Klimaschutz. Um effektive Wege zu finden, den Alleenbestand langfristig zu erhalten, haben wir ein umfassendes Workshop-Verfahren mit vielen Akteuren durchgeführt und damit die Grundlagen für die Neuausrichtung der Alleenkonzeption geschaffen. Die Alleenkonzeption 2030 verfolgt stärker als bisher einen ganzheitlichen Ansatz. Wir berücksichtigen dabei auch die Aspekte der Verkehrssicherheit.“
Mit der Alleenkonzeption 2030 wird Beschluss des Landtages aus dem Jahr 2021 umgesetzt. Das Infrastrukturministerium hatte 2021 einen umfassenden Prozess zur Fortschreibung der Alleenkonzeption aus dem Jahr 2007 gestartet. Dabei wurden Akteure verschiedenster Behörden und Verbänden sowie aus Wissenschaft und Forschung einbezogen.
In Brandenburg gibt es derzeit rund 1.740 Kilometer Alleen an Bundes- und Landesstraßen außerhalb von Ortschaften. Insgesamt gibt es rund 420.000 Straßenbäume, wovon rund ein Drittel Alleebäume sind. Mehr als 70 Prozent der Alleebäume sind über 80 Jahre alt. Im Jahr 2006 gab es rund 2.340 Kilometer Alleen. Obwohl seitdem mehr als 200 Kilometer Alleen neu angelegt wurden, sind rund 600 Kilometer Alleen verloren gegangen. Gut 90 Prozent der Alleebäume mussten aus Gründen der Verkehrssicherheit gefällt werden.
Um die Alleen in Brandenburg zu erhalten, hatte die Landesregierung im Jahr 2007 erstmals eine Alleenkonzeption beschlossen und 2014 evaluiert. Kern war der Paradigmenwechsel „Weg vom Einzelbaum – hin zum Alleenabschnitt“.
Das Hauptproblem beim Erhalt der Alleen ist und bleibt die fehlende Flächenverfügbarkeit. Aus Gründen der Verkehrssicherheit werden Bäume in einem Abstand von 4,50 Meter vom Fahrbahnrand gepflanzt. Zusätzlich wird ein Pufferstreifen von zwei Metern zur freien Landschaft benötigt. Für eine ein Kilometer lange Allee wird somit mehr als ein Hektar Fläche benötigt. Wenn jedoch nur ein Flächeneigentümer seine Zustimmung verweigert, kann die gesamte Allee nicht gepflanzt werden.
Den Alleenreichtum in Brandenburg zu erhalten, stellt eine besondere Herausforderung dar, weil viele Alleenbäume in Brandenburg das natürliche Ende ihres Lebenszyklus erreicht haben und gleichzeitig die Folgen des Klimawandels immer deutlicher spürbar werden, zum Beispiel in Form von Extremwetterphänomenen.
Das strategische Ziel zum Erhalt des Alleenreichtums wurde mit der neuen Konzeption in die drei Komplexe „Kulturgut und Identifikation“, „Klima- und Umweltschutz“ sowie „Freizeit und Tourismus“ untergliedert. Diese Themen fächern sich in sechs Handlungsfelder auf. Insgesamt sind 36 Maßnahmen zur Umsetzung festgesetzt worden. So sollen in den Jahren 2024 bis 2028 rund 20.000 Bäume in Alleen und Baumreihen an Straßen und Wegen, innerorts und außerorts gepflanzt werden. Angesichts des Klimawandels spielt bei der Gestaltung von Alleen die Wahl geeigneter Baumarten und Standorte eine große Rolle.
Für die Konzeption hat das Infrastrukturministerium gemeinsam mit dem Umweltministerium eine landeseinheitliche Alleendefinition erarbeitet, die auch Baumreihen miteinbezieht. Kern dieser Alleendefinition ist die Festlegung, dass die ästhetische Wirkung, der kulturhistorische Wert sowie die ökologische Bedeutung einer Allee oder Baumreihe bereits ab einer Mindestlänge von 100 Meter einsetzen. Das bringt mehr Planungssicherheit und Flexibilität bei der Neuanlage von Alleen.
Neu ist auch, dass nicht nur die Bundes- und Landesstraßen außerorts betrachtet werden. Vielmehr sollen im Rahmen von freiwilligen Kooperationen auch im nachgeordneten Netz Bäume gepflanzt werden. Dafür ist eine enge Abstimmung des Landesbetriebs Straßenwesen mit den Kreisen und Kommunen erforderlich. Es wird zudem ein deutlicher Fokus auf die aktive Alleenentwicklung in den Ortsdurchfahrten an Bundes- und Landesstraßen gelegt, um die Orte gerade in den Zeiten des Klimawandels lebenswert zu gestalten. Bäume gehören zu den wichtigsten Gestaltungselementen von Straßen und Plätzen und erhöhen die Aufenthaltsqualität.
Der Landesbetrieb Straßenwesen baut ein digitales Baumkataster auf. Künftig wird jeder einzelne der rund 420.000 Straßen- und Alleebäume mit einem individuellen Steckbrief und exakten GPS-Daten digital verfügbar sein. Damit können Alleen und Baumreihen besser dargestellt und ein Auswertungstool für die Planung genutzt werden.
Die Potenziale der Nutzung vereinfachter Flurbereinigungsverfahren werden in zwei Pilotvorhaben evaluiert. Dies ist bereits im Flurbereinigungsprogramm 2024 – 2025 verankert worden. Außerdem sollen Alleenpflanzungen auch im Rahmen des mit der Radverkehrsstrategie verstärkten Radwegebaus vorangetrieben werden.
Auf Initiative des Fördervereins für Baukultur Brandenburg e.V. wird das Kompetenzzentrum für Straßenbäume und Alleen aufgebaut. Das Zentrum übernimmt Vorlauf-, Dienstleistungs- und Spezialaufgaben und garantiert sowohl die wissenschaftliche Beratung als auch den notwendigen Wissenstransfer in die Praxis. Es bezieht sich auf Straßen aller Kategorien inner- wie außerorts in Brandenburg. Perspektivisch wird Berlin hinzukommen. Träger und Standort für das Kompetenzzentrum ist die Lehr- und Versuchsanstalt für Gartenbau und Arboristik (LVGA). Das Kompetenzzentrum ist deutschlandweit das erste dieser Art. Für die Etablierung des Kompetenzzentrums bis Ende 2024 stehen insgesamt 500.000 Euro zur Verfügung. Eine Verstetigung der Finanzierung wird angestrebt. Im Rahmen des Projektes „Brandenburgische Alleen im Klimawandel – Schaffung eines Lehr- und Sichtungsgartens“ konnten bereits mehr als 30 verschiedene Baumarten in unterschiedlichen Varianten gepflanzt werden. Sie werden nun einem mehrjährigen Monitoring unterzogen.
Minister Rainer Genilke ist überzeugt, dass es mit der Alleenkonzeption 2030 in vielfältigen Kooperationen gelingen kann, den Alleenreichtum zu bewahren: „Wir laden Kommunen, Vereinigungen, Vereine sowie engagierte Bürgerinnen und Bürger dazu ein, sich einzubringen und daran mitzuwirken, dass Alleen und Baumreihen auch künftig das Landschaftsbild Brandenburgs prägen.“