Auf der 109. Sitzung des DStGB-Ausschusses für Finanzen und Kommunalwirtschaft in Niedergörsdorf standen die prekäre Finanzlage und die Herausforderungen der Energie- und Wärmewende im Mittelpunkt der Diskussion. „Die Schere zwischen von kommunaler Seite kaum begrenzbaren Ausgaben und den Einnahmen der Städte und Gemeinden geht immer weiter auf. Diese strukturelle Unterfinanzierung gefährdet die wirtschaftliche Prosperität sowie den gesellschaftlichen Zusammenhalt zunehmend“, so Oberbürgermeister Dr. Bernhard Gmehling als Vorsitzender des Gremiums. Es ist absehbar, dass die öffentlichen Haushalte nicht in der Lage sein werden, die für die Energie- und Wärmewende benötigten Investitionen zu stemmen. In Zukunft wird auch privates Kapital eine Rolle bei der Finanzierung der Transformation spielen. Aus kommunaler Perspektive sollte eine Privatisierungswelle in jedem Fall vermieden und staatliche Kontrolle über etwaige Energiewendefonds sichergestellt werden.
Bürgermeisterinnen und Bürgermeister sowie Kämmerinnen und Kämmerer aus ganz Deutschland waren auf Einladung von Kämmerin Martina Schlanke nach Niedergörsdorf in Brandenburg gekommen, um unter anderem über die immer dramatischere Finanzsituation zu diskutieren. Landauf, landab bietet sich ein sehr ähnliches Bild: Die Ausgaben, vor allem bei den sozialen Leistungen explodieren förmlich, während die Einnahmen insgesamt nur noch leicht steigen. Folge ist eine dauerhafte strukturelle Unterfinanzierung, die sich selbst durch massive Kürzungen bei den Investitionen nicht wesentlich verbessert. Bund und Länder müssen gegensteuern. Die aktuellen Zahlen des Statistischen Bundesamtes zur Entwicklung der Kommunalfinanzen im ersten Halbjahr dieses Jahres waren ein letzter Warnschuss: Hier stand auf kommunaler Seite ein Defizit in Höhe von -17,3 Mrd. Euro. Statt einer strukturellen Verbesserung der kommunalen Haushaltslage steht aktuell aber erst einmal eine weitere Verschärfung der Finanzsituation auf der Agenda. Mit dem von der Bundesregierung zur Ankurbelung der Konjunktur vorgelegten Entwurfs des sogenannten Steuerfortentwicklungsgesetzes drohen den Städten und Gemeinden zunächst weitere Mindereinnahmen von in der Spitze sieben Mrd. Euro.
„Eine Erhöhung der gemeindlichen Anteile an den Gemeinschaftssteuern ist dringend geboten, um die kommunale Handlungs- und Investitionsfähigkeit nicht weiter einzuschränken. Ohne eine Kompensation der gemeindlichen Steuermindereinnahmen infolge bundesseitiger konjunktureller Maßnahmen drohen die erhofften positiven Effekte ins Gegenteil zu verkehren und zu einer Wachstumsbremse zu mutieren“, so der Vorsitzende des Ausschusses für Finanzen und Kommunalwirtschaft, Oberbürgermeister Dr. Bernhard Gmehling (Neuburg a.d. Donau). Zudem braucht es eine echte Konnexität. „„Wer bestellt, bezahlt“ muss zum Grundsatz unserer Politik werden. Es muss ein Ende haben, dass die Kommunen für meist auf Bundesebene beschlossene kostenintensive Standardanpassungen sowie Erweiterungen bestehender Aufgaben allein, und am Ende zu Lasten der Bürgerinnen und Bürger sowie der Wirtschaft vor Ort, die Zeche zahlen“, so die gastgebende Kämmerin Martina Schlanke.
Die durch den klimaneutralen Umbau unserer Energie- und Wärmeversorgung anstehenden Investitionen gehen weit über den gewöhnlichen Investitionsrahmen der Kommunen und kommunalen Versorgungsunternehmen hinaus. „Zurzeit liegen die Schätzungen für das benötigte Investitionsvolumen bei ungefähr 1,4 Billionen Euro bis 2045 für den Ausbau erneuerbarer Energien, für den Netzausbau, für Fernwärme, und für Elektrolyse und Wasserstoffspeicher. Es ist absehbar, dass die bisher übliche Finanzierung der Investitionen aus Abschreibungen und Gewinneinbehalt für viele Versorger für Investitionen in dieser Größenordnung nicht mehr möglich ist“, sagte Gmehling.
Erforderlich ist deshalb zum einen eine massive und nachhaltige Unterstützung durch Bund und Länder, und zum anderen weitere Finanzierungsinstrumente, wie Bürgschaften und Garantien der Förderbanken. Aktuell wird immer mehr deutlich, dass die Haushalte der Kommunen, aber auch von Bund und Ländern, nicht in der Lage sein werden, ausreichend Kapital für die Energiewende aus öffentlichen Mitteln zur Verfügung zu stellen. Die Energiewirtschaft hält es daher für zwingend notwendig, den privaten Kapitalsektor in die Finanzierung der Energiewende einzubinden. Dabei ist es aus Sicht der Kommunen zwingend, die Rolle von privatem Kapital in kommunalen Unternehmen zur Finanzierung der Transformation sorgfältig zu bewerten und eine staatliche Steuerung sicherzustellen. „Die Finanzierungslast der Energiewende darf schließlich nicht dazu führen, dass eine Privatisierungswelle des kommunalen „Tafelsilbers“ seinen Lauf nimmt; zumal dies nicht nur die Stadtwerke, sondern auch die kommunale Wohnungswirtschaft trifft und letztlich steuerlichen Querverbünden den Boden entzieht“, so Gmehling abschließend.