Was von Verwaltung und Klosterfelder Ortspolitikern vor einem Jahr als Kegelgipfel gepriesen wurde, könnte mit dem ersatzlosen Wegfall beider Kegelbahnen der Gemeinde, einem Lottogewinn für einen Wandlitzer Investor und einer ewigen Baustelle für den Klosterfelder Fußballverein enden.
Zwei Großprojekte am Bahnhof Klosterfelde: Ein bekannter Wandlitzer Investor möchte sein geplantes Wohnungsbauprojekt vergrößern und zur Verbesserung der Vermarktungschancen von der
2. Reihe direkt an die Bahnhofstraße heranrücken. Der Klosterfelder Fußballverein möchte nebenan auf dem von ihm genutzten Vereinsgelände für 5 Millionen EUR ein Mehrzweckvereinsgebäude errichten, das seinen sportlichen Erfolgen und Ambitionen entsprechen soll.
Kleine Hindernisse: Auf dem Grundstück, das der Investor für sein Bauvorhaben gegen einen hinteren Teil seines Grundstücks eintauschen möchte, steht das Klosterfelder Kegelbahngebäude. Es wird von den Klosterfelder Keglern und nach dem in diesem Sommer bevorstehenden Abriss der Wandlitzer Kegelbahn von allen Kegelfreunden der Gemeinde dringend gebraucht. Dem Fußballverein fehlt nicht nur das Grundstück für seinen ehrgeizigen Bau, sondern auch das Geld.
Um daraus eine „win-win“ Situation für Investor und Fußballverein zu machen, hat unser Bürgermeister für beide ein „Rundum-sorglos-Paket“ geschnürt:
Für den Investor reißt die Gemeinde ihre Kegelbahn auf eigene Kosten ab.
Sie übergibt ihm das leere Grundstück bis zum 31.12.2025 im Tausch gegen ein Grundstück ohne Erschließung und Straßenzugang. Dass das Tauschgrundstück für den Neubau einer Kegelbahn zu klein ist, stört nicht, weil der Gemeinde für den Bau ohnehin das Geld fehlt. Als Zugabe finanziert die Gemeinde u. a. einen neuen Bebauungsplan, der dem Investor eine höhere Grundstücksauslastung und damit den Bau von 45 statt 30 Wohnungen und den Verzicht auf eine Tiefgarage ermöglicht.
Zusätzlicher Kostenaufwand der Gemeinde neben dem Verlust des Wertes der Kegelbahn: ca.
100.000 EUR. Zusätzlicher Ertrag für den Investor je nach Marktlage: ca. 1,5 bis 3 Millionen EUR.
Zur Absicherung der Zeitschiene des Investors verspricht ihm die Gemeinde eine Vertragsstrafe von
10.000 EUR bei Überschreitung des Übergabetermins und eine Nutzungsentschädigung von 2.000 EUR für jeden weiteren Monat. Möchte der Investor die Fortsetzung der Nutzung nicht dulden, ist er ab 01.01.2026 jederzeit berechtigt, die Kegelbahn auf Kosten der Gemeinde selbst abzureißen.
Der Fußballverein erhält von der Gemeinde für 60 Jahre ein kostenloses Erbbaurecht an einem
5.400 qm großen Grundstück.
Bei einem Grundstückswert von rund 1 Million EUR und einem üblichen Erbbauzins von 4 % bedeutet das für die Gemeinde einen Einnahmeverzicht von 40.000 EUR pro Jahr. Mit dem Erbbaurecht geht auch das Eigentum an dem von ihm bislang genutzten Vereinsgebäude auf den Fußballverein über.
Auf die dafür fällige Entschädigung in Höhe des Zeitwerts des Gebäudes verzichtet die Gemeinde ebenfalls. Zusätzlich bekommt der Fußballverein von der Gemeinde vorab einen Förderzuschuss von
900.000 EUR. Dafür will er eine Kegelbahn mit 4 Bahnen in sein geplantes Mehrzweckvereinsgebäude integrieren. Die Gesamtkosten der Kegelbahn mit Nebenräumen veranschlagt der Verein unverbindlich mit 1.8 Millionen. Die mit dem Förderzuschuss verbundene Auflage soll schon dann erfüllt sein, wenn Geldmittel oder geldwerte Leistungen in Höhe des Zuschusses in den Bau einer spielfähigen Kegelbahn geflossen sind. Auf den Nachweis geplanter Nebenräume verzichtet die Gemeinde ebenso wie auf eine prüfbare Abrechnung. Sie verzichtet auch auf eine Verpflichtung zur Umsetzung des Bauvorhabens oder gar auf einen verpflichtenden Fertigstellungstermin. Es gibt nur
die vage Zweckbindung „Vereinsnutzung“. Die Nutzung für „Vereinsgaststätte, Wohnen und Kegelbahn“ ist für den Verein nicht bindend. Sie wird ihm als zusätzliche Möglichkeit freigestellt. Verfügungsrechte der Gemeinde fehlen vollständig.
Das Erbbaugrundstück verbleibt also auch dann im Besitz des Fußballvereins, wenn es nicht zum Bau oder zur Fertigstellung des geplanten Gebäudes kommen sollte. Verzögerungen oder ein Scheitern des Bauvorhabens sind angesichts der Vermögenslage des Vereins nicht unwahrscheinlich. Um Baukosten von 4,5 bis 5 Millionen zu stemmen, braucht der Verein laut Bürgermeister nicht nur den Förderzuschuss von 900.000 EUR, sondern zusätzliche Darlehen in Höhe von 3,5 Millionen EUR. Wer ihm ein solches Darlehen ohne ausreichendes Vereinsvermögen und ohne persönliche Haftung der Mitglieder zur Verfügung stellen sollte, ist unklar. Die Finanzierungsrichtlinien der Banken verbieten eine solche Risikofinanzierung jedenfalls.
Der Bürgermeister ist sich der Risiken für die Gemeinde durchaus bewusst. Er nimmt sie erstaunlich gelassen.
Der Hinweis auf die fehlende Absicherung des Fertigstellungstermins der neuen Kegelbahn beunruhigt den Bürgermeister offenbar nicht. Er erklärt dazu lapidar, dass sich die Gemeinde Vertragsstrafe und Nutzungsentschädigung für eine angemessene Dauer leisten könne. Das
„Restrisiko“ des Scheiterns des Bauprojekts des Fußballvereins bewertet der Bürgermeister mit ca. 10 %. In diesem Fall müsste nach seiner Aussage in der Sitzung des Hauptausschusses vom 18.03.24 eben die Gemeinde einspringen und die Fertigstellung übernehmen.
Statt, wie von ihm in einer der einschlägigen Beschlussvorvorlagen angeregt, den Mut des Fußballvereins zu bewundern, könnte man den Mut des Bürgermeisters bewundern. Vorausgesetzt, man hält Risikobereitschaft eines Amtsträgers im Umgang mit Vermögenswerten der Gemeinde für eine gute Sache.
Wie erklärt der Bürgermeister diese Risikobereitschaft?
Wie erklärt er die mutwillige Zerstörung eines funktionstüchtigen Gebäudes? Wie die Belastung der Gemeinde mit Millionenaufwand ohne Aussicht auf Ertrag?
Etwa mit dem Narrativ vom angeblich unlösbaren Konflikt zwischen Fußballverein und Investor wegen drohender Lärmbelästigungsklagen künftiger Wohnungsmieter? Mit dem Narrativ vom Teamgeist, mit dem sich die Gemeinde durch den Abriss ihrer Kegelbahn selbst für die Konfliktlösung in die Bresche wirft um dem Investor Platz und dem Verein Abstand zu verschaffen? Mit dem Narrativ vom Teamgeist des Fußballvereins, der der Gemeinde für die Rettung dankt und sich mit der spontanen Bereitschaft revanchiert, in eigener Regie eine neue Kegelbahn zu bauen?
Tatsächlich weiß der Bürgermeister aus dem ihm vorliegenden Schallschutzgutachten, dass das angebliche Lärmproblem nicht existiert. Auch das Narrativ eines spontanen Entschlusses des Fußballvereins ist widerlegt. Das schon nach wenigen Monaten nachgeschobene Planungskonzept des 5 Millionen Bauprojekts hat selbstverständlich einen langen Vorlauf beansprucht. Das gilt nicht nur für den technischen und wirtschaftlichen Planungsaufwand, sondern auch für die Meinungsbildung und Entscheidungsfindung der zuständigen Gremien innerhalb des Vereins.
Teamgeist könnte dennoch eine Rolle gespielt haben, allerdings zwischen Investor und Fußballverein. Das legt zumindest der Name „Teamgeist Sportmanagement GmbH“ nahe, unter dem eines der Unternehmen unseres Wandlitzer Investors Dr. Michael Czyborra im Handelsregister eingetragen ist.
Hanni Hopp, Mitglied des SPD-Ortsvereins Wandlitz