Der Deutsche Städte- und Gemeindebund erwartet von Bund und Ländern, die finanzielle Ausstattung der Kommunen nachhaltig zu verbessern. „Die Finanzsituation der Kommunen ist prekär. Städten und Gemeinden fehlt seit Jahren das Geld, um zu investieren und die Auswirkungen werden immer deutlicher sichtbar. Die Infrastruktur bröckelt, bei Straßen und öffentlichen Gebäuden besteht ein hoher Sanierungsbedarf und die Schulen und Sportstätten sind in einem schlechten Zustand“, betonten Präsident Dr. Uwe Brandl und Hauptgeschäftsführer Dr. André Berghegger bei der Bilanzpressekonferenz des kommunalen Spitzenverbandes heute in Berlin. „Wir müssen dringend umsteuern und mehr Geld in die Investitionen lenken.
Dazu ist ein Bündel an Maßnahmen erforderlich, etwa ein Moratorium bei neuen Leistungsversprechen und eine Neuausrichtung der Förderprogramme des Bundes“, so Brandl und Berghegger. Neben dem Erhalt der bestehenden Infrastrukturen werden auch für Klimaschutz, Klimaanpassung und den Umbau der Energieversorgung hohe Milliardensummen benötigt. Dabei handelt es sich um gesamtgesellschaftliche Herausforderungen aller föderaler Ebenen, die vor Ort umgesetzt, aber nicht allein vor Ort finanziert werden können.
Die Städte und Gemeinden geben mittlerweile mehr als 70 Milliarden Euro pro Jahr für soziale Leistungen aus. Damit haben sich diese Ausgaben seit dem Jahr 2005 verdoppelt und es ist zu erwarten, dass sie weiter steigen. „In Zeiten knapper Kassen müssen diese steigenden Kosten mit dem Verzicht auf Investitionen teuer erkauft werden. Diese Entwicklung darf so nicht weitergehen. Es muss gelingen, den dringend notwendigen Investitionen Vorrang einzuräumen“, forderten Brandl und Berghegger.
„Dazu ist es notwendig, dass wir über alle staatlichen Ebenen hinweg die Ausgaben konsolidieren, Sparpotenziale ausschöpfen und keine neuen Leistungsversprechen abgeben. Wir müssen den Menschen klar signalisieren, dass nicht alles, was wünschenswert ist, kurzfristig oder auch nur mittelfristig finanzierbar sein wird. Der Staat kann nur das verteilen, was er vorher an Steuern eingenommen hat,“, sagten Brandl und Berghegger in der Bundespressekonferenz in Berlin.
Die Kommunen fordern daher, das Konnexitätsprinzip nach dem Grundsatz „Wer bestellt, bezahlt“ im Grundgesetz zu verankern. „Das wäre ein klares Stoppschild für neue und höhere soziale Leistungen ohne ausreichende Gegenfinanzierung. Zurzeit haben wir vielfach die Situation, dass der Bund Leistungen beschließt, die durch die Kommunen dann zu finanzieren sind. Das schnürt den Kommunen die Luft ab und es sind für Aufgaben der kommunalen Selbstverwaltung keine Mittel mehr verfügbar. Das muss ein Ende haben“, stellten Brandl und Berghegger klar.
Gleichzeitig ist es notwendig, die bestehenden Förderprogramme des Bundes neu auszurichten und für Städte und Gemeinden besser und unbürokratischer nutzbar zu gestalten. Derzeit existieren mehr als 100 kommunalrelevante Förderprogramme des Bundes, die zum Teil sehr komplex in ihrer Anwendung sind. Erheblicher Aufwand bei der Beantragung parallel zu immer weiter anwachsendem Fachkräftemangel auch vor Ort in den Verwaltungen führen dazu, dass jene Kommunen, die Unterstützung besonders dringend benötigen, am wenigstens von den Fördertöpfen profitieren können. „Der Förderdschungel muss gelichtet werden. Wir erwarten daher, dass die bestehenden Förderprogramme neu ausgerichtet und leichter zugänglich gemacht, aufeinander abgestimmt und besser verzahnt werden. Ideal wäre eine integrierte Förderung im Sinne eines Pauschalprogrammes. Dann können die Gelder schneller fließen und auch kleinere Kommunen werden nicht von zu viel Bürokratie überfordert“, forderten Brandl und Berghegger. Erst kürzlich hat die Bundesregierung wichtige Akzente zum Bürokratieabbau beim Fördermittelverfahren gesetzt, etwa bei der Festbetragsförderung sowie in Richtung vereinfachte Nachweis- und Prüfverfahren. Hier gilt es flächendeckend und zeitnah mehr Vertrauen in die Kommunen zu wagen und überbordende Bürokratie durch zusätzliche Handlungsspielräume der Städte und Gemeinden zu ersetzen.
Neben den notwendigen Erhaltungsinvestitionen werden dringend zusätzliche Finanzmittel für Klimaschutz, Klimaanpassung, den Umbau der Energieversorgung, die Mobilitätswende und die digitale Transformation gebraucht. „Wir stehen vor gewaltigen Aufgaben, wenn wir Deutschland zukunftsfähig machen wollen. Ein Großteil der dafür notwendigen Maßnahmen muss vor Ort in den Städten und Gemeinden auf den Weg gebracht werden“, so Brandl und Berghegger. Um diese Aufgaben dauerhaft und nachhaltig zu finanzieren, schlägt der Deutsche Städte- und Gemeindebund eine Gemeinschaftsaufgabe Klimaschutz und Klimaanpassung in Art. 91a des Grundgesetzes vor. „Unser Grundgesetz kennt dieses Instrument bereits, etwa zur Finanzierung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes. Wir sollten diesen Katalog erweitern, denn bei Klimaschutz und Klimaanpassung handelt es sich um gesamtgesellschaftliche Aufgaben, die von Bund und Ländern gemeinsam zu finanzieren sind.“
Gerade vor dem Hintergrund verschiedener Krisen, einer schlechten Wirtschaftslage und gewaltigen Zukunftsaufgabe gilt es, die kommunale Ebene als Konjunkturmotor zu nutzen und sie entsprechend auszustatten. „Die Menschen erleben ihren Staat vor Ort in den Städten und Gemeinden. Nur wenn es gelingt, dort handlungsfähig zu sein und die Lebensqualität für die Bürgerinnen und Bürger zu verbessern, werden wir Vertrauen zurückgewinnen und die Demokratie dauerhaft stärken. Gerade in Zeiten der Krise und des Umbruchs steht fest: Ohne Kommunen ist kein Staat zu machen“, so Brandl und Berghegger abschließend.