Mit der Förderrichtlinie „Pflege vor Ort“ unterstützt die Landesregierung den Ausbau von kommunalen Maßnahmen für Menschen mit Pflegebedarf. 78 Prozent der Kommunen im Land Brandenburg haben sich auf den Weg gemacht, um alterns- und pflegerechte Sozialräume zu gestalten und die Pflege in der eigenen Häuslichkeit zu unterstützen. Sie beteiligen sich am Programm „Pflege vor Ort“, dem Herzstück des Brandenburger „Pakts für Pflege“. Am Dienstag (27. Juni) fand in der Heimvolkshochschule Seddiner See (Potsdam-Mittelmark) der diesjährige Fachtag „Pflege vor Ort“ mit über 140 Teilnehmenden statt. Die Veranstaltung der Fachstelle Altern und Pflege im Quartier (FAPIQ) diente dem Erfahrungsaustausch, es wurden Maßnahmen vorgestellt und über die weitere qualitative Ausgestaltung von „Pflege vor Ort“-Projekten diskutiert.
Sozialministerin Ursula Nonnemacher sagte zum Start der Veranstaltung: „Der Bedarf an Unterstützung für Ältere und Pflegebedürftige steigt. Die meisten Menschen möchten auch im Pflegefall in ihrer Wohnung oder in ihrem Haus bleiben. Ich freue mich deshalb, dass immer mehr Kommunen die zur Verfügung stehenden Landesmittel nutzen und vor Ort notwendige Strukturen und Angebote schaffen. Diese sind stark nachgefragt und werden gut angenommen. Ganz klar dient die Stabilisierung von Pflege in der Häuslichkeit auch der Fachkräftesicherung. Je länger Menschen auch im hohen Alter noch selbstständig leben können, soziale Kontakte haben und am gesellschaftlichen Leben aktiv teilhaben können, umso weniger sind sie auf fremde Hilfe angewiesen. Der Brandenburger Ansatz von ‚Pflege vor Ort‘ hat es jetzt auch auf die Bundesebene geschafft. Es wird jetzt ein Modellprogramm für alle Länder in Höhe von 30 Millionen Euro pro Jahr für kommunale Unterstützungsstrukturen vor Ort geben. Das ist als Einstieg ein erster Erfolg – ‚made in Brandenburg‘.“
Die Projektleiterin der Fachstelle Altern und Pflege im Quartier, Katharina Wiegmann, verwies auf die Wirkung der Richtlinie: „Mit der Förderrichtlinie ‚Pflege vor Ort‘ ist es gelungen, die Situation von Menschen mit Pflegebedarf in den Gemeinden, Ämtern und Städten zu thematisieren und eine Vernetzung der Kommune mit den pflegerischen Akteuren und der Zivilgesellschaft voranzubringen.“
Die „Richtlinie zur Förderung von Maßnahmen kommunaler Pflegepolitik“ startete im April 2021 und läuft bis Ende 2024. Das Land stellt den Kommunen damit bis zu zehn Millionen Euro pro Jahr zur Verfügung. Mit ihr sollen Maßnahmen der kommunalen Pflegepolitik zur Stärkung der Pflege vor Ort in den Kommunen gefördert werden. Ziel ist die Unterstützung der Pflege in der eigenen Häuslichkeit durch Gestaltung alterns- und pflegegerechter Sozialräume und somit die Stabilisierung des Anteils ambulanter Pflege im Land Brandenburg.
Diese Förderung richtet sich zum einen an Ämter sowie amtsfreie Städte und Gemeinden. Seit Inkrafttreten der Förderrichtlinie haben bereits 151 von 193 Ämtern, Verbandsgemeinden und amtsfreien Gemeinden Förderanträge gestellt. Das entspricht einer Beteiligungsquote von 78 Prozent.
Eingesetzt wird das Geld unter anderem für den Auf- und Ausbau von Helferkreisen und Nachbarschaftshilfen, von Angeboten für ein gemeinsames Mittagessen, Informationen und Schulungen für pflegende Angehörige, von Projekten zur Anregung gemeinsamer Aktivitäten (gemeinsames Backen für Dorffeste; Reparaturcafé oder Sportkurse) und Teilhabe – auch bei Pflegebedürftigkeit.
Beim Fachtag wurden unter anderem diese drei Projekte vorgestellt:
- Sozialraum-Analyse Lauchhammer: Von September bis November 2022 wurde in der Stadt Lauchhammer eine umfassende Bestands- und Bedarfsanalyse zur Situation der Pflegeversorgung und der alltagsunterstützenden Dienstleistungen durchgeführt. Die Auswertung machten verschiedene Handlungsbedarfe in den Stadt- und Ortsteilen deutlich. Dazu gehören zum Beispiel: Zugänge zu Informations- und Beratungsmöglichkeiten verbessern, wohnortnahe Gesundheitsvorsorge stärken, Nachbarschaftshilfe und Engagement stärken, Präventionsmaßnahmen umsetzen und alternative Wohnformen für Ältere und Pflegebedürftige schaffen.
- Pilotprojekt „Mobilität und Soziale Teilhabe im ländlichen Raum“ vom DRK-Kreisverband Fläming Spreewald e.V.: Säulen der sozialen Teilhabe im ländlichen Raum sind oftmals eine gewachsene Dorfgemeinschaft, Begegnungen in verschiedenen Gemeinschaften / Vereinen, gemeinsame Veranstaltungen zu Jahreshöhepunkten oder auch Formen der Teilhabe über neue Medien. In der Regel wird hierfür eine individuelle Mobilität vorausgesetzt. Bei den Bevölkerungsgruppen, die selbst nicht mehr mobil oder auf Hilfe angewiesen sind, besteht die Gefahr des Rückzugs aus der sozialen Gemeinschaft. Insbesondere Seniorinnen und Senioren stehen vor diesen Herausforderungen. Gemeinsam mit der Gemeinde Märkische Heide und dem Landkreis Dahme-Spreewald will der DRK-Kreisverband in der ländlichen Region des südlichen Landkreises ein Mobilitätsangebot etablieren und als Leuchtturmprojekt umsetzen.
- Projekte der Arbeitsinitiative Letschin e.V.: In der Gemeinde Letschin wurden zahlreiche Informationsveranstaltungen für Menschen mit einem Pflegebedarf und ihren Angehörigen durchgeführt. Zum Beispiel zu den Themen Gesundes Essen im Alter, Sicherheit durch einen Hausnotrufknopf, Verwendung von Defibrillatoren im Notfall.
Zum anderen erhalten die Landkreise und kreisfreien Städte mit „Pflege vor Ort“ Fördermittel zum Aufbau einer kommunalen Pflegestrukturpolitik. Bislang haben 16 der insgesamt 18 Landkreise und kreisfreien Städte Fördermittel beantragt. Ein Ziel dabei ist es, die Angebotsstrukturen der Pflege noch besser zu vernetzen, zu koordinieren und zu planen.
Landkreise und kreisfreie Städte können jährlich jeweils bis zu 150.000 Euro u.a. für folgende Zwecke beantragen: regionale Pflegestrukturplanung, Maßnahmen zur Koordinierung und Weiterentwicklung pflegerischer Versorgungsstrukturen, Vernetzung von Angebotsstrukturen in der Pflege und angrenzender Versorgungsbereiche sowie Umsetzung von investiven Förderungen in der Pflege (insbesondere im Bereich Tages- und Kurzzeitpflege).
Den Fachtag „Pflege vor Ort“ hat die Fachstelle Altern und Pflege im Quartier (FAPIQ) im Auftrag des Sozialministeriums organisiert. Mehr Informationen: https://www.fapiq-brandenburg.de/pflege-vor-ort/
Hintergrund
Der „Pakt für Pflege“, ein Schwerpunkt im Koalitionsvertrag der Landesregierung, startete Ende 2020 und hat zum Ziel, pflegebedürftige Menschen und ihre Angehörigen vor Ort zu unterstützen, Beratungsstrukturen auszubauen und die Fachkräftesicherung in der Pflege zu fördern. Im Landeshaushalt stehen dafür insgesamt jährlich rund 20 Millionen Euro zur Verfügung.
Der Pakt für Pflege besteht aus vier Säulen:
- Förderprogramm für Kommunen „Pflege vor Ort“ (Start: 1. April 2021, Laufzeit bis Dezember 2024, rund 10 Millionen Euro pro Jahr)
- Investitionsprogramm für Kurzzeit- und Tagespflege (Start: 1. August 2021, Laufzeit bis Dezember 2024, rund 5 Millionen Euro pro Jahr)
- Förderung des Ausbaus Ausbau der Pflegestützpunkte (Start: 1. Juli 2021, Laufzeit bis Dezember 2024, rund 2 Millionen Euro pro Jahr)
- Maßnahmen zur Ausbildung und Fachkräftesicherung