Biesenthal: Die Stadt Biesenthal führte 2021-2022 einen breit angelegten Beratungsprozess zur Zukunft des Stadtwaldes durch; Herzstück hierbei war ein „Bürgerrat“. Daran anknüpfend traf die Biesenthaler Stadtverordnetenversammlung (SVV) nun am vergangenen Donnerstag, 6. Juli 2023, eine offizielle Entscheidung: ein weitreichendes neues Waldkonzept wurde beschlossen (einzusehen unter www.civilog.de/waldbrandenburg). Bemerkenswerterweise deckt sich dieses einstimmig bei nur einer Enthaltung beschlossene Waldkonzept stark mit den Empfehlungen aus dem vorangegangenen Beteiligungsprozess.
Das Konzept gibt recht konkrete Eckpunkte für die zukünftige Entwicklung des ca. 1.300 ha umfassenden Stadtwaldes vor. Der Schwerpunkt liegt auf den Waldfunktionen Wasserschutz, Wirtschaftlichkeit und Naturschutz. Geplant ist im Kern ein Umbau des derzeit fast nur aus Kiefern bestehenden Stadtwaldes hin zu einem deutlich widerstandsfähigeren und nachhaltigeren Mischwald mit gemischterer Altersstruktur. Ein solcher Wald kann Risiken wie Schädlingsbefall, Waldbrand oder klimawandelbedingten Dürren besser trotzen. Diese Zielvorgabe erfordert baldige Maßnahmen, wenngleich der Umbau auf Jahrzehnte hinaus angelegt ist. Überdies sind u.a. eine Ausweitung von Naturschutzmaßnahmen vorgesehen sowie eine verbesserte Kommunikation zwischen der Stadt und ihren Bewohnern rund um das Thema Wald.
Eine weitere Errungenschaft aus dem Beteiligungsprozess ist ein neu eingerichteter, formaler SVV-Waldbeirat; er besteht paritätisch aus Stadtverordneten und ausgewählten Bürgerinnen und Bürgern. Der Waldbeirat wird sich im Herbst um die Umsetzung des Konzepts kümmern müssen. Denn Konzepte nützen wenig ohne praktische Verwirklichung, und einige Detailfragen harren durchaus noch der Klärung – allen voran die Neugestaltung der Jagdstrategie, wenn kommendes Jahr die bestehenden Jagdpachtverträge auslaufen.
Der einhellige, lagerübergreifende Entscheid der Stadt gründet auf einer einjährigen gemeinsamen Suche nach den besten Handlungsoptionen für den Stadtwald – informiert durch vielfältige wissenschaftliche und lokale Sichtweisen. Dieser Prozess hat eindrucksvoll gezeigt, dass es keine bloße Utopie ist, in einem respektvollen wechselseitigen Lernprozess gemeinsam zu tragfähigen Lösungen zu kommen, trotz unterschiedlicher Wertvorstellungen und Sorgen. Dass sich die Akteure auf dieses Wagnis eines ergebnisoffenen politischen Lernprozesses eingelassen haben, kommt nicht nur dem Wald als Schatz für viele Generationen zugute. Es dient auch als Vorbild für unser demokratisches Miteinander.
Prof. Dr. Martin Kowarsch, Leitung des Beteiligungsprozesses