Wandlitz: In meinem Beitrag geht es nicht um eine Rückschau auf das gewesene, dass erlebte ist bekannt. Jeder von uns hat seine eigenen Erfahrungen machen müssen. Klar ist auch, dass uns die Auswirkungen der Corona-Pandemie noch lange begleiten werden und mehr oder weniger unser Leben bestimmen.
Die Auswirkungen dieser Pandemie auf fast alle Bereiche unseres gesellschaftlichen Lebens sind deutlich erkenn und spürbar. Systemische Verwerfungen und strukturelle Mängel zeigen sich in einer nie gekannten Schärfe. Bezogen auf unsere Gemeinde wird sich zeigen wie solide und standfest unser Gemeinwesen aufgebaut ist. Wie krisenfest sich Kommunalpolitik und Gemeindeverwaltung zukünftig aufstellen werden. Es wird sich aber auch zeigen, inwieweit sich unsere Bürgerinnen und Bürger als Mitgestalter für ein Heraus aus der Krise sehen.
Das lässt mich zu der provokanten Frage kommen, brauchen wir in der Krise überhaut Kommunalpolitik? Für mich beginnt die Beantwortung dieser Frage mit einer kleinen Analyse.
Festzustellen ist, dass mit Ausbruch der Corona-Pandemie die politischen Gremien nahezu neutralisiert wurden. Klar lag damals der Schwerpunkt beim exekutiven Verwaltungshandeln bei der Gemeindeverwaltung. Aber musste das zwangsläufig zur politischen Quarantäne führen? Ja und nein! Zum einen hatte unsere Kommunalverfassung keine gesetzeskonforme Antwort auf diese Situation, zum anderem wäre es auch möglich gewesen, Vertreter der Kommunalpolitik in die Krisenbewältigung mit einzubeziehen. Zum Beispiel in den gegründeten Krisenstab der Verwaltung. Die gegenwärtigen Erfahrungen machen deutlich, dass die kommunalrechtlichen Vorgaben für Krisenzeiten nicht ausreichen und deshalb dringend angepasst werden müssen. Kommunalpolitik muss auch in Krisensituationen handlungsfähig sein! Gerade in dieser Zeit, aber auch in Zukunft kommt es darauf an Kooperativ und nicht konfrontativ zu handeln. Den Anspruch einer Dienstleistungsgemeinde weiter zu Stärken und Formen von obrigkeitsstaatlichen Handeln entgegenzuwirken. Direkte Demokratie zu festigen, um Populisten immer weniger Raum zu geben. Hierbei spielen die kommunalpolitischen Gremien, Gemeindevertretung, Ortsbeiräte, Ausschüsse und Arbeitsgruppen eine wichtige Rolle in unserem Gemeinwesen.
Insgesamt haben sie die Aufgabe den politischen Rahmen zu setzen und das nicht nur als moralische Instanz, sondern als Sachwalter von Demokratie und Bürgerinteressen. Besonders in der Krise haben die politischen Gremien darauf hinzuwirken, dass Verwaltungsentscheidungen verhältnismäßig sind, Ermessensspielräume geprüft werden und eine Abwägung der Mittel und Maßnahmen vorgenommen wird. Speziell in dieser gesellschaftlichen Krise, die noch lange nicht vorüber ist, sollten ordnungspolitische Maßnahmen vorher mit den demokratischen Gremien besprochen und abgewogen werden.
Deshalb braucht ein starker Bürgermeister, dem der Kooperationsgedanke durchaus nicht unbekannt ist, eine starke und präsente Gemeindevertretung. Was ich damit meine, möchte ich gern in vier Punkten zur die Bedeutung und Stellung der Gemeindevertretung in unserer Kommune verdeutlichen. 1. Die Gemeindevertretung hat auf der Grundlage der Brandenburger Kommunalverfassung, nach § 28 eine sogenannte Allzuständigkeit. 2. Die Gemeindevertretung ist das oberste Organ der kommunalen Selbstverwaltung, sie beschließt die Angelegenheiten die, die Verwaltung umsetzt. 3. Die Gemeindevertretung hat bei kommunalen Entscheidungsprozessen das letzte Wort. 4. Die Gemeindevertretung ist Dienstvorgesetzte des Hauptverwaltungsbeamten (Bürgermeister). Diese kurze Aufzählung lässt die herausragende Stellung der Gemeindevertretung im kommunalpolitischen System erkennen. Allein die Feststellung reicht aber nicht aus, man muss sie auch mit Inhalten füllen. Für mich persönlich ist es eben nicht damit getan einmal in anderthalb Monaten eine Gemeindevertretersitzung zu bestreiten. Das reicht für nicht und ich denke für viele Mitglieder der Gemeindevertretung auch nicht. Wir, die Gemeindevertreter haben durchaus das Potenzial noch wirksamer zu werden.
Deshalb sollte es in unserem kommunalpolitischen Handeln nicht vor allen um Parteipolitik, sondern prioritär um die Lösung von Sachproblemen im Sinne des Gemeinwohles und unserer Bürgerinnen und Bürger gehen. Das verlangt nach neuen Kooperationsformen, wie zum Beispiel die Verstärkung der interfraktionellen Zusammenarbeit. Oder die Festigung der inneren Struktur durch verbesserte Kommunikation zwischen den Sitzungen. Ebenso wie die Benennung von Spezialisten der Fraktionen zu verschieden Sachthemen und ein transparenter Austausch zur Lösungsfindung.
In diesem Zusammenhang möchte ich auf ein immerwährendes Problem aufmerksam machen. Im Rahmen der demokratischen Gewaltenteilung stehen Gemeindeverwaltung und Gemeindevertreter in einem Spannungsfeld das sich insbesondere in einer Hauptberuflich mit Spezialisten besetzen Gemeindeverwaltung und einer Ehrenamtlich tätigen Gemeindevertretung manifestiert. Hier trifft „Herrschaftswissen“ auf Allgemeinbildung, berufliches Wissen und auf eigene Erfahrung. Das erfordert keinen Wettbewerb, sondern Kooperation die auf Respekt, Transparenz und Verständnis für die Arbeit des anderen aufgebaut. Dies bedeutet aber auch, dass die Fraktionen der Gemeindevertretung ebenso wie die Gemeindeverwaltung die Möglichkeit haben muss, sich externer juristischer und fachlicher Expertise bedienen zu können. Das setzt Zuwendungen aus den kommunalen Haushaltsmitteln voraus. Ein entsprechendes Rundschreiben des Ministeriums des Inneren und für Kommunales des Landes Brandenburg gibt dazu entsprechende Hinweise.
Die Krise und ihre Bewältigung stellt uns vor neue Aufgaben, die wir keinesfalls mit den immer wieder alten Antworten lösen können. Dazu gehört besonders die Bedeutung und Stellung der Ortsbeiräte mit ihren Ortsvorstehern. Trotz aller Digitalisierung auch der politischen Prozesse, bleibt und ist der Ortsteil der wahre Raum der Demokratie. Nachfolgende Fragen, wie: Warum wird der Ortsvorsteher nicht direkt von den Einwohnern gewählt? Warum heißt der Ortsvorsteher nicht Ortsteilbürgermeister? Warum hat der Ortsbeirat kein Vetorecht, wenn es um „seinen“ Ort geht und die gemeindliche Einwicklung nicht behindert wird? Spiegeln die §§ 46 und 47 der Brandenburger Kommunalverfassung noch die Wirklichkeit wider? Wie gestaltet sich das Verhältnis des Bürgermeisters zu den Ortsvorstehern? Gern beantworte ich diese Frage in einem weiteren Beitrag!