Klosterfelde. Das Schiff sinkt und die Kapelle spielt weiter… So fasse ich in einem Satz meinen Eindruck von der – an Phrasendrescherei nicht mehr zu überbietenden – „Veranstaltung“ zusammen, die eigentlich eine Einladung des Ortsvorstehers Rico Brauer zur Diskussion über den Bau einer neuen Unterkunft für Flüchtlinge im Gewerbegebiet in Klosterfelde sein sollte.
Rausgekommen ist eine „Fragestunde“ für 90 Minuten, letztendlich wurden es 120 Minuten, bei der Vertreter des Kreises sowie aus der Gemeindeverwaltung vor rund 400 Bürgerinnen und Bürgern saßen, deren Sorgen, Nöte, Ängste vor einer weiteren Flüchtlingsunterkunft in der Gemeinde – drei bestehen ja bereits – nicht zu übersehen und zu überhören waren.
Und wie stark die Angst der „Herrschenden“ vor dem Volk ist, zeigte sich schon darin, dass sie massiven Polizeischutz angefordert hatten. Die Kollegen in ihren blauen Uniformen umstellten zwar die Mensa, griffen sich aber über diesen Einsatz intern an den Kopf, wie mir vertraulich berichtet wurde. Meinungen wurden nicht zugelassen, nur Fragen, die mit Phrasen beantwortet wurden.
Bürgermeister Borchert saß mit hochrotem Kopf und vor Angst aus den Höhlen quellenden Augen am Tisch und stammelte verzweifelt irgendwelche Ausflüchte, die mit der Sache eigentlich nicht zu tun hatten, beleidigte einen Bürger, der bekannte, dass er sich schäme, damals Wahlkampf für den Bürgermeister gemacht zu haben, mit den Worten: „Ich hätte nicht gedacht, dass du so ambivalent bist“. Ohne sich – auch auf Aufforderung hin – dafür zu entschuldigen.
Die Bedenken um die Sicherheit in den Orten der Gemeinde – angesichts der Tötungsdelikte und Vergewaltigungen durch Flüchtlinge in den vergangenen Jahren im Bundesgebiet – wiegelte er mit den Worten ab, dass es bisher in der Gemeinde keinen signifikanten Anstieg von Gewalttaten gegeben habe. Erfahrungsberichte von im Heim tätigem Wachpersonal sprechen eine andere Sprache. Eine Anfrage des Autors dieses Beitrages beim Präsidium der Polizei in Potsdam zur Thematik blieb bisher unbeantwortet.
Sozialdezernentin Silke Nessing aus der Kreisverwaltung betonte immer wieder ihr Verständnis für die ablehnende Haltung der Bürger, die sich auch ganz massiv aus der unzureichenden Infrastruktur des Ortes ergibt. Bürger schilderten den Mangel an Kitaplätzen, Klassenräumen, Lehrern, Beratungsräumen und Personal für Flüchtlingsbetreuung und sagten, dass Einheimische nicht mehr von den wenigen Ärzten als Neupatienten aufgenommen werden, während Flüchtlingen jederzeit ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen könnten. Nessing betonte immer wieder, dass sie in Potsdam bei den verantwortlichen Ministerien klar anspreche, dass das Schiff übervoll sei. Warum spielt dann die Kapelle weiter – bis zum Untergang?
Zum Schluss der „Veranstaltung“, die lediglich dazu diente, dem Frust der Bürger ein Ventil zu geben, ohne dass sich etwas ändert, wurde vom „Präsidium“ in die Runde gefragt, wer denn bereit sei, die Flüchtlingsarbeit zu unterstützen. Laut MOZ-Bericht gingen zehn Arme in die Höhe: 0,25 Prozent der Anwesenden. Es ist zu vermuten, dass die restlichen 99,75 Prozent der Besucher in den Augen von Borchert und Co. fremdenfeindlich und Rechtsextreme sind. Doch diese „Rechten“ bezahlen mit ihren Steuern die Entscheidungsträger, die diese Situationen heraufbeschwören.
Hans Herget
Ortsbeirat Basdorf