Wie wollen wir wohnen? Eine scheinbar einfache Frage, die beim genauen Hinschauen doch komplex ist. Schließlich ist wie wir wohnen etwas sehr Persönliches und gesellschaftlich Relevantes zugleich.
Es drängen sich sogleich zahlreiche Fragen auf: Will ich in einem Haus oder in einer Wohnung leben? Wie viel Wohnfläche benötige ich eigentlich? Will ich neu bauen oder renovieren? Und will ich allein wohnen oder in Familie mit oder ohne die Eltern oder will ich in einer Wohngemeinschaft leben?
Wie wir wohnen spielt in Zeiten der Klimakrise eine große Rolle – immerhin trägt der Gebäudesektor signifikant zum Treibhausgasausstoß bei. Die Bauwirtschaft ist ein besonders ressourcenintensiver Wirtschaftszweig und der Baubereich trägt über die Hälfte zum deutschen Abfallaufkommen bei.
Aber es sind nicht nur der Klimaschutz und Ressourcenverbrauch die Fragen, wie gutes Wohnen und Leben für alle aussehen kann. Auch soziale Aspekte spielen eine Rolle. Viele Menschen wünschen sich soziale Kontakte in ihrem Wohnumfeld.
Welche Möglichkeiten gibt es, das Wohnen von Morgen sozial und zugleich ökologisch zu gestalten?
Laut statistischem Bundesamt gab es Ende 2022 43,4 Mio. Wohnungen in Deutschland und 84,4 Mio. Einwohner*innen. Das statistische Bundesamt kommt zu dem Ergebnis, dass in den letzten 10 Jahren mehr Wohnungen gebaut wurden als die Bevölkerung gewachsen ist.1 Wenn in jeder Wohnung also 2 Personen leben würden, wären ausreichend Wohnungen für alle vorhanden.
Warum gibt es dann in Deutschland einen Wohnungsmangel? Warum explodieren die Mieten in den Großstädten? Wird durch Neubau bezahlbarer Wohnraum geschaffen?
Eine Wohnung in oder in der Nähe einer Großstadt zu finden und noch dazu eine die bezahlbar ist, ist heutzutage schwer. Insbesondere fehlen kleine, bezahlbare Wohnungen, barrierefreie Wohnungen und Wohnungen für Familien.
Bürgerinnen und Bürger haben in der Zukunftswerkstatt Wohnen am 20. März 2024 Ideen und Beispiele für das künftige Wohnen und Möglichkeiten der Schaffung von Wohnraum zusammengetragen. Organisiert wurde die Werkstatt von Katja Hoyer, Olga Hildebrandt und Dörthe Hartrumpf von Bündnis 90/Die Grünen. Die Ideen und Beispiele sollen als Anregung dienen, um das gerade entstehende Gemeindeentwicklungskonzept mit Leben zu füllen und umzusetzen.
Dieses Gemeindeentwicklungskonzept sollte nicht nur dazu dienen, dass die Gemeinde Fördermittel erhält. Das Gemeindeentwicklungskonzept sollte – wie der Name es sagt – als Orientierungsrahmen für die künftige gemeindliche Entwicklung dienen. Dieses Konzept soll noch vor den Kommunalwahlen am 9. Juni von der Gemeindevertretung beschlossen werden. Im Entwurf des Konzeptes wurden 8 Handlungsfelder festgelegt, eines davon ist Bauen und Wohnen.
In der Zukunftswerkstatt Wohnen stellten Susann Scherbarth und Dirk Franke das Projekt „Alte Schule“ der SelbstBau e.G. in Wandlitz vor. Das Projekt „Alte Schule“ ist ein Beispiel für gemeinschaftliches Wohnen. Satzungsgemäßes Ziel der Selbstbau e.G ist, eine sichere und verantwortbare Wohnungsversorgung aller SelbstBauer*innen zu realisieren. Es soll vielfältiger Wohnraum für ein gutes Miteinander geschaffen werden, wobei die Schwerpunkte auf ökologischer Nachhaltigkeit, sozialer Vielfalt und wohnungspolitischer Verantwortung liegen. Das Projekt „Alte Schule“ ist ein Mehrgenerationen-Projekt in Gemeinschaft, das aus 15 Wohneinheiten besteht. Die Alterspanne reicht von 0 – 75 Jahren. Gemeinschaftlich werden Garten und Hof sowie die Nebenräume genutzt. Entscheidungen werden gemeinschaftlich in regelmäßig stattfindenden Treffen getroffen. Die Bewohner unterstützen sich gegenseitig, zum Beispiel bei Reparaturen oder bei der Kinderbetreuung.
Im nächsten Vortag stellte Arthur Haus von der Grünen Liga vor, welche Möglichkeiten für Gemeinden bestehen, Beratungsangebote für den Aus- und Umbau von Einfamilienhäusern anzubieten und soziale Wohnprojekte und gemeinschaftliches Wohnen zu fördern. Er betonte, dass es um Freiwilligkeit geht.
Eine Studie aus Nordrhein-Westfalen zeigt, dass die Mehrheit der älteren Einfamilienhausbesitzer im Haus, so lang es geht, wohnen bleiben möchte, aber gern Unterstützung und Entlastung bei der Pflege von Haus und Garten hätten. Die Hälfte der Einfamilienhausbesitzer gab an, dass sie den Wohnbereich barrierefrei erreichen können. Durch einen Aus- und Umbau könnte – sofern dies die älteren Menschen wünschen – eine zweite Wohnung für eine junge Familie, für einen Studenten oder Auszubildenden geschaffen werden. Die Gemeinde könnte unterstützen, indem sie eine Wohn- und Umbau – Beratung sowie Förderprogramme dafür anbietet. Gemeinden könnten zudem durch Konzeptvergaben oder eigenen Wohnungsbau altersgerechten Wohnraum schaffen und gemeinschaftliches Wohnen fördern.
Die Stadt Hohen Neuendorf hat einen Eigenbetrieb für Wohnungsbau gegründet. Die Leiterin, Frau Kristina Zimmermann, stellte in ihrem Vortrag die Ziele des Eigenbetriebs vor. Die Stadtverordnetenversammlung hatte 2018 beschlossen, den kommunalen Wohnungsbau in Hohen Neuendorf neu auszurichten und den sozialen Wohnungsbau aktiv zu fördern. Ziel der Stadt ist es, gemäß dem gefassten Beschluss, in den nächsten Jahren selbst als Akteur auf dem kommunalen Wohnungsmarkt aktiv zu werden und schrittweise bis zu 200 neue geförderte, preis- und belegungsgebundene Wohnungen im kommunalen Eigentum zu errichten. Als Rechtsform für den kommunalen Wohnungsbau entschied sich die Stadt für den Eigenbetrieb. Neben neuen sozialen Wohnungen soll der Eigenbetrieb auch den vorhandenen kommunalen Wohnungsbestand sanieren. Bei der Sanierung werden insbesondere energetische Maßnahmen umgesetzt und sofern möglich barrierefreie Wohnungen geschaffen.
Zum Abschluss fragte Katja Hoyer, die die Zukunftswerkstatt moderierte, die Teilnehmer*innen nach den Handlungsoptionen, die in der Gemeinde prioritär angegangen werden sollten. Besonders wichtig war den Teilnehmer*innen, dass eine kommunale Beratungsstelle eingerichtet wird und dass sozial geförderte Wohnungen errichtet werden. Die Förderung von gemeinschaftlichen Wohnen, die Einführung einer Sozialquote sowie die Schaffung von Betriebswohnungen in Gewerbebetrieben wurden als weitere wichtige Punkte genannt.
Die Werkstatt hat einen Anstoß für die Diskussion zum Thema Wohnen gegeben. Im Rahmen der Umsetzung des Gemeindeentwicklungskonzepts muss diese Diskussion fortgeführt und verstetigt werden.
1 Quelle: https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2023/07/PD23_297_31231.html