„Auf dass die Dummheit endet und durch Liebe ersetzt wird.“ – (Taika Waititi)
Ein neuseeländischer Regisseur mit Maori-Wurzeln drehte jetzt ausgerechnet einen satirischen Film, in dem sich ein Hitlerjunge mit seinem imaginären Freund – ausgerechnet Adolf Hitler, den ausgerechnet Regisseur Taika Waititi selbst spielt! – in den letzten Monaten des 2. Weltkriegs irgendwie zurechtfi nden muss. Ein Projekt, bei dem eigentlich alles schief gehen könnte – doch der Drehbuchautor, Darsteller und Regisseur wagt und meistert diesen Balanceakt bravourös
Jojo Rabbit (Kaninchen) ist ein treuherziger Hitlerjunge, der bei den Werwolf-Übungen im Wald immer alles richtig machen möchte, von den anderen Jungvolk-Kameraden aber meist gemobbt wird. Da kommt ihm sein Imaginations-Hitler gerade recht. Der baut Jojo mit bescheuerten Parolen immer wieder auf und ist eigentlich viel netter als diese (in Dokumentaraufnahmen eingespielten) völkischen Nazi-Massen, die mit ihrer Wahlentscheidung Kreaturen wie Hitler erst ermöglicht haben. Wiederum ein Terrain voller Fallstricke, über die Waititi locker hinwegspringt, was dem durchweg komischen Film zudem (jedem der’s hören mag bzw. kann) auch einen bitteren aktuellen Ton vermittelt.
Waititi wagt überhaupt die merkwürdigsten Dinge – eine Filmmusik, die mit unzeitgemäßen Beatlesoder Bowie-Songs spielt – und funktioniert. Völlig absurde, aber brillant gebaute Gag-Szenen, wie eine „Heil- Hitler“-Orgie der Gestapoleute und mehr. Dazu ein perfektes künstlerisch- technisches und darstellerisches Ensemble. Kameramann Mihai Malaimare und die Schauspieler Scarlett Johansson (Jojos Mutter) und Sam Rockwell (Hauptmann Klenzendorf ) stehen dem Filmemacher souverän zur Seite – vor allem aber der junge Angsthase Jojo Rabbit (Roman Griffi n Davis) erfüllt hinreißend selbstsicher seine anspruchsvolle Rolle. Jojo findet irgendwann auf dem Dachboden versteckt ein jüdisches Mädchen… Aber das wäre hier schon zu viel Story, die sollten Sie sich besser im Kino gönnen.
Dieser bis in die Nebenrollen vorzüglich besetzte Film ist im Übrigen auch kulturgeschichtlich sehr genau und verzichtet möglichst auf allzu abgegriffene Nazi-Klischees. Böse und herzerwärmend, zum Brüllen komisch und zum Denken anregend – was will man mehr? Ein Filmbesuch, der in diesem Fall keine Pfl ichtübung, sondern ein reines Vergnügen ist und den man, wenn möglich, gemeinsam mit den Kindern (es ist dies deshalb kein Kinderfi lm!) absolvieren sollte. Apropos, da ist noch eine weitere verblüff ende Kino-Koinzidenz: Weihnachten startete der überaus sehenswerte Film „Als Hitler das rosa Kaninchen stahl“ – und nun also schon wieder eine fi lmische Kombination Hitlers mit einem Nagetier.
Im Kino seit dem 23.1.2020.