Was gilt es zu bedenken oder zu tun?
1. Preise
Zunächst sollten Unternehmer darüber nachdenken, ob sie ihre Preise wegen der höheren Mehrwertsteuersätze anpassen wollen oder dürfen. Dies kann einerseits erforderlich sein, wenn die zeitlich befristete Mehrwertsteuersatzsenkung an die Kunden weitergegeben wurde und nun rückgängig gemacht werden soll.
Andererseits bietet sich nun auch eine günstige Gelegenheit, um eine geplante oder bereits überfällige Preiserhöhung umzusetzen. Dabei sollten nicht nur gestiegene Einkaufspreise, sondern auch die allgemein gestiegenen Betriebskosten aufgrund der erforderlichen Corona-Hygienekonzepte bedacht werden.
2. Kassen und Warenwirtschaftssysteme
In jedem Fall sind Kassen und Warenwirtschaftssysteme auf die neuen Steuersätze umzustellen. Werden ab dem
1. Januar 2021 noch Rechnungen oder Bons mit dem falschen Steuersatz von 16 % anstatt 19 % bzw. 5 % anstelle von 7 % ausgestellt, schuldet der Unternehmer dem Finanzamt die jeweils höhere tatsächliche Steuer. Dies sollten Unternehmer vermeiden.
3. Gutscheine
Bei den Gutscheinen, die in der Vergangenheit als Einzweckgutscheine ausgegeben wurden, wurde bereits beim Verkauf des Gutscheins die jeweilige Umsatzsteuer an das Finanzamt abgeführt. Werden diese Einzweckgutscheine ab dem 1. Januar 2021 eingelöst, bleibt es bei der bisherigen Umsatzsteuer. Prüfen Sie, ob Ihr Kassensystem die Einlösung eines solchen Gutscheines korrekt abbildet.
Aufgrund des mehrfachen Steuersatzwechsels war die Ausgabe von Einzweckgutscheine im 2. Halbjahr 2020 nur im Ausnahmefall möglich. Hierfür war eine zeitliche Befristung entweder bis zum Ende des 2. Halbjahres oder ab dem 1. Januar 2021 erforderlich, sodass im 2. Halbjahr 2020 eigentlich nur Mehrzweckgutscheine verkauft werden konnten. Dies hat bei der Einlösung ab dem 1. Januar 2021 Nachteile, weil die Umsatzsteuer dann erst bei der tatsächlichen Leistungserbringung entsteht.
4. Brutto- oder Nettopreisvereinbarung
Auch betriebswirtschaftlich muss eine Steuersatzänderung beachtet werden, egal ob Brutto- oder Nettopreisvereinbarungen vorliegen.
Auf der Verkaufsseite führt eine Bruttopreisvereinbarung zu einem geringeren Nettoerlös und damit zu weniger Gewinn, wenn der Verkauf erst ab dem 1. Januar 2021 stattfindet. Bei Waren, die dem vollen Steuersatz von 16 % bzw. 19 % unterliegen, macht dies bei einem Bruttoverkauf von 50.000 Euro schon über 1.000 Euro aus.
Im Gegenzug ist es bei einer Bruttopreisvereinbarung auf der Einkaufsseite günstiger, diese Einkäufe erst ab dem 1. Januar 2021 zu tätigen, da bei dem höheren Vorsteuersatz die Nettoeinkaufspreise niedriger ausfallen. Bei all dem müssen Unternehmer natürlich auch die Gegenseite beachten. Was beim Unternehmer an Mehrgewinn bleibt, kostet die Gegenseite Gewinn.
Bei Nettopreisvereinbarungen ist der Zeitpunkt des Umsatzes für den Unternehmer nur irrelevant, soweit auf der Gegenseite ebenfalls ein zum Vorsteuerabzug berechtigter Unternehmer agiert. Verkauft ein Unternehmer seine Ware dagegen an einen nicht vorsteuerabzugsberechtigten Unternehmer (Versicherungsmakler oder Heilberufler, die umsatzsteuerfreie Leistungen erbringen und umsatzsteuerliche Kleinunternehmer), wird dieser noch in der Zeit vom 1. Juli bis 31. Dezember 2020 einkaufen wollen. In dieser Zeit ist sein Bruttopreis geringer und er spart Kosten.
5. Umtausch von Waren
Aufpassen müssen Unternehmen auch, wenn sie im 2. Halbjahr 2020 Waren verkauft haben und der Kunde ab dem 1. Januar 2021 die Ware gegen eine andere Ware umtauschen möchte. In diesem Fall wird der erste Verkauf rückgängig gemacht und die höhere Umsatzsteuer daraus wieder auf 0 Euro korrigiert. Die beim Umtausch neu herausgegebene Ware unterliegt dann dem (höheren) Steuersatz zum Zeitpunkt des Umtausches.
6. Prüfen der Eingangs- und Ausgangsrechnungen
Alle Unternehmer müssen in der Zeit um den Steuersatzwechsel genau darauf achten, ob die richtige Umsatzsteuer in den Eingangs- und Ausgangsrechnungen ausgewiesen ist.
Aus Eingangsrechnungen, in denen noch 16 % Umsatzsteuer ausgewiesen wird, obwohl die Leistungen erst nach dem 1. Januar 2020 ausgeführt wurden, kann auch nur die tatsächlich ausgewiesene Umsatzsteuer von 16 % als Vorsteuer geltend gemacht werden.
Sofern bei Ausgangsrechnungen noch 16 % Umsatzsteuer ausgewiesen wird, obwohl die Leistung tatsächlich erst ab dem 1. Januar 2021 erbracht wurde, schuldet der Leistende die höhere Umsatzsteuer von 19 %. Wird die Rechnung nicht berichtigt, vermindert sich der Umsatz und damit auch der Gewinn. Dies gilt für den ermäßigten Umsatzsteuersatz von 5% bzw. 7 % entsprechend.
7. Verträge und Dauerrechnungen
Insbesondere Vermieter und Verpächter sollte ihr Augenmerk auf Verträge und Dauerrechnungen legen. Diese sind ggf. anzupassen. Wurde lediglich eine zeitlich begrenzte Zwischen-Dauerrechnung für das 2. Halbjahr 2020 ausgestellt, ist grundsätzlich nichts zu veranlassen. Andernfalls ist eine neue Dauerrechnung mit dem höheren Umsatzsteuersatz auszustellen.
8. Anzahlungen
Bei Anzahlungen, die in vielen Branchen üblich sind, muss ebenfalls genau hingeschaut werden. Wurden diese vor dem 1. Juli 2020 geleistet, unterlagen sie noch dem Umsatzsteuersatz von 19 % bzw. 7 %. Wird die zugehörige Leistung aber im zweiten Halbjahr 2020 erbracht, unterliegt sie nur einem Umsatzsteuersatz von 16 % bzw. 5 %. Bei der Endabrechnung müssen die Anzahlungen mit den jeweils abgerechneten Umsatzsteuersätzen offen vom Rechnungsbetrag abgezogen werden. Andernfalls wird die Umsatzsteuer mehrfach geschuldet. Sofern der Nettoanzahlungsbetrag genau dem Nettoendabrechnungsbetrag entspricht und auch korrekt abgerechnet wird, kann sich für den Leistungsempfänger dadurch sogar eine Erstattung ergeben. Wird die vereinbarte Leistung erst in 2021 vollendet, entstehen 19 % bzw. 7 % Umsatzsteuer auf die Gesamtleistung. Bei der Verrechnung von Anzahlungen aus dem zweiten Halbjahr 2020 mit 16 % bzw. 5 % Umsatzsteuer kann es dann zu Nachzahlungen kommen.
9. Teilleistungen
Auch bei Teilleistungen, die beispielsweise im Baugewerbe üblich sind, entsteht ebenfalls nur 16 %, wenn diese im zweiten Halbjahr erbracht werden. Aus Sicht eines Endkunden, der keine Vorsteuer geltend machen kann, ist es daher vorteilhaft, wenn bei einer wirtschaftlich teilbaren Gesamtleistung, wie dem Hausbau, gesonderte Teilleistungen vereinbart werden, die nach Möglichkeit noch im zweiten Halbjahr 2020 abgenommen werden können. Denn bei solchen Teilleistungen entsteht dann nur 16 % Umsatzsteuer. So können bei einem Bauvorhaben Architektenleistungen, Gerüstbau, Kellerbau, Rohbau, Garage, Außenanlagen etc. in einzelnen Bauabschnitten abgerechnet werden, um die Kosten eines nicht vorsteuerabzugsberechtigten Bauherren zu senken. Aber auch bei anderen Leistungen, wie dem Verkauf von Jahreskarten, Leistungen von Personalberatern, Fahrschulen und Rechtsanwälten etc. kann die gesonderte Vereinbarung von Teilleistungen möglich und sinnvoll sein.
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